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Widmer Gysel: «Es steht viel auf dem Spiel»

Schaffhauser Nachrichten, 10.04.2014 von ek/dj./rob

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Von der Reform der Unternehmenssteuer durch den Bund wird der Kanton Schaffhausen stark betroffen sein. Entsprechend fallen die Reaktionen aus.

Gewinne von Firmen sollen dort versteuert werden, wo sie erzielt werden. Das fordern sowohl die G 20 als auch die OECD. Damit kommen die Schweiz und vor allem die Kantone mit ihrem Steuermodell unter Druck. Am 22. September hat der Bundesrat die Unternehmenssteuerreform III (USR III) in die Vernehmlassung geschickt (siehe SN vom 23. September) und unter anderem erklärt, wie er die Steuerausfälle der Kantone ausgleichen will. Denn diese werden die Gewinnsteuern für Firmen senken müssen, um weiterhin attraktiv zu bleiben.

Was bedeutet diese Reform für den Kanton Schaffhausen? Wirtschaftsförderer Thomas Holenstein äussert sich wie folgt: «In Schaffhausen betrifft uns besonders die Abschaffung der 1948 eingeführten sogenannten Gemischten Gesellschaften, bei denen Auslands- und Inlandsumsätze getrennt besteuert werden. Diese Firmen – alteingesessene und zugezogene – stellen heute das Rückgrat der Steuereinnahmen juristischer Personen im Kanton dar. Fallen sie weg, haben wir einen riesigen Steuerausfall. Die derzeitige und wohl noch zwei bis drei Jahre dauernde Rechtsunsicherheit darüber, was danach folgen wird, ist schon heute Gift für Ansiedlungen und Investitionsentscheide ansässiger Unternehmen.» Können die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen, so etwa die Lizenzboxen, die Abwanderung von Firmen verhindern? Dazu Holenstein: «Die Lizenzboxen sind höchstens ein Teil der Lösung. Die EU kennt dieses Instrument auch, die OECD kämpft dagegen. Wegzüge alteingesessener und neuer Firmen wird es dann geben, wenn die Vorschläge des Bundesrats politisch nicht durchkommen sollten. Der Bundesrat empfiehlt den Kantonen klar, den normalen Steuerfuss für juristische Personen zu senken. Damit würden vor allem KMU und Gewerbe steuerlich entlastet, global agierende Firmen würden mehr zahlen, aber wohl kaum wegziehen. Damit wäre die angestrebte Steuergerechtigkeit ohne Abwanderung und Arbeitsplatzverluste hergestellt. Den Kantonen soll ein Teil des Steuerausfalls durch neue Transferzahlungen des Bundes kompensiert werden. Ohne diese Lösung sehe ich massive Probleme auf uns zukommen. Schaffhausen wäre besonders betroffen. Wir müssen steuerlich mindestens im vorderen Drittel bleiben, um unsere Grenzlage kompensieren zu können.» Auswirkungen der USR III könnten auch auf die Gemeinden durchschlagen. Der städtische Finanzreferent Peter Neukomm hat die umfangreiche Vorlage noch nicht im Detail studiert. Dennoch: «Die vom Bund geschätzten 1,7 Milliarden Steuerausfälle betreffen auch die Städte, über die Kompensation der Gemeinden äussert sich der Bund aber nicht», sagt Neukomm. Die Verteilung dieser Kompensationen wird den Kantonen überlassen, was die Städte habe hellhörig werden lassen: «Die Reform könnte gerade bei den grösseren Städten zu enormen Ausfällen und damit verbundenem Leistungsabbau führen», warnt Neukomm, «dieser Punkt wird im Rahmen der Finanzdirektorenkonferenz der Städte im Oktober zur Sprachen kommen.» Weil die Unternehmenssteuern im Kanton und in der Stadt bereits früher deutlich gesenkt wurden, rechnet er im Vergleich zu anderen Städten mit weniger hohen Ausfällen. «Welche Kosten effektiv auf uns zukommen, müssen wir zuerst genau analysieren», sagt Neukomm, der aber nicht sehr zuversichtlich ist für die Vorlage. Die Kapitalgewinnsteuer sei sehr umstritten, zudem sieht er in der geplanten Einführung von Lizenzboxen nur eine Übergangslösung: «Wir werden damit leben müssen, dass wir die Steuererleichterungen nicht mehr werden gewähren können», meint Neukomm, deshalb gelte es, sich auf andere Standortvorteile zu konzentrieren.

Mittelfristig 16 Millionen vom Bund

«Es steht viel auf dem Spiel.» Mit diesen Worten reagierte Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel gegenüber den SN auf die Frage, was die USR III für den Kanton Schaffhausen bedeute. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Im Kanton Schaffhausen wären 175 Holdinggesellschaften und 192 Verwaltungsgesellschaften mit rund 3000 Arbeitsplätzen von der Abschaffung des besonderen Steuerstatus betroffen. Diese Gesellschaften zahlten 2012 33,1 Prozent der einfachen kantonalen Gewinnsteuer in Höhe von 9,7 Millionen Franken sowie 31,1 Prozent der einfachen kantonalen Kapitalsteuer in Höhe von 1,3 Millionen Franken. Mit der USR III wären nicht nur ein Teil dieser Einnahmen, sondern auch die damit verbundenen Arbeitsplätze gefährdet. Daher begrüsse es die Regierung, so Widmer Gysel, dass der Bundesrat sich für differenzierte Ersatzmassnahmen ausgesprochen habe, insbesondere für eine stärkere Beteiligung der Kantone an der direkten Bundessteuer. «Der vom Bund in Aussicht gestellte vertikale Ausgleich könnte den Kanton Schaffhausen mittelfristig mit etwa 16 Millionen Franken entlasten; das ist daher einer der entscheidendsten Punkte der Vorlage», erklärte Widmer Gysel. Mit diesem Betrag sowie den Einsparungen durch das Entlastungsprogramm 2014 gewinne der Kanton wieder einen Handlungsspielraum, der es ihm erlaube, Firmen alternative Angebote zu machen. «Zuerst aber müssen die Details der Vorlage genau angeschaut und geprüft werden» betonte Widmer Gysel. Das Finanzdepartement werde jetzt die Stellungnahme für die Vernehmlassung an den Bund zuhanden des Regierungsrates ausarbeiten. «Das wird in enger Konsultation mit der Stadt Schaffhausen und Neuhausen geschehen, haben doch dort die meisten juristischen Personen ihren Sitz», so Widmer Gysel.

Originalbericht SN