Accesskeys

Unternavigation

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie mich!

Weniger Sekschüler als in anderen Kantonen

Schaffhauser Nachrichten, 04.02.2008 von Robin Blanck

sn.gif

Weniger Schüler schaffen im Kanton Schaffhausen den Übertritt in die Sekundarschule - ein bekanntes Phänomen, das mit der vom Stadtschulrat geforderten Wiedereinführung der Sekprüfung wieder auf den Tisch kommt.

Die Ankündigung schlug wie eine Bombe ein: «Sekundarschulprüfung soll wieder eingeführt werden», lautete der Titel der Mitteilung aus dem Stadtschulrat, die am 13. März versandt wurde. Erst 2003 war der prüfungsfreie Übertritt von der Primar- in die Oberstufe im Kanton Schaffhausen - als einem der letzten in der Schweiz - eingeführt worden. «Dieses Verfahren hat sich nach Meinung des Stadtschulrates nicht bewährt», so die städtische Schulbehörde, welche dem Erziehungsrat beantragt, wieder ein prüfungsbasiertes Übertrittsverfahren einzuführen. Dabei wurde auch auf die Tatsache verwiesen, dass der «kantonsweite Anteil der Sekundarschüler deutlich unter dem deutschweizerischen Durchschnitt» liege und auch der prüfungsfreie Übertritt keine Veränderung der Zuteilung zur Sekundar- respektive Realschule gebracht habe.

«Kein Handlungsbedarf»

Diese Feststellung stützt die kantonale statistische Erhebung bezüglich Übertritt in die Sekundarschule, die keine wesentliche Veränderung seit der Systemumstellung erkennen lässt. Allerdings: «Das war auch nicht Ziel des prüfungsfreien Übertritts», sagt Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel, die beim Übertritt keinen Handlungsbedarf sieht: «Auf 800 Schüler im ganzen Kanton, die jedes Jahr an die Real- oder Sekundarschule zugeteilt werden, ist es im Schnitt nur jeweils zu drei bis vier Rekursen gekommen.» Tatsächlich aber fällt der Kanton Schaffhausen gegenüber den anderen Deutschschweizer Kantonen ab, was die Sekundarschulquote - die Anzahl der Schüler, die den Sprung in die Sekundarschule schaffen - anbelangt.
Bereits 2006 wurde eine Interpellation von Thomas Wetter im Kantonsrat diskutiert. Schon damals hat man die vergleichsweise tiefe Sekundarschulquote bemängelt. Gemäss Roland Moser, als Abteilungsleiter im Erziehungsdepartement und Präsident der Übertrittskommission mit der Materie eng vertraut, gehört der Kanton Schaffhausen tatsächlich zu denen mit einer tiefen Quote: «Wir liegen in den hinteren Rängen.» Während der Prozentsatz jener Schüler, die aus der 6. Klasse oder der 1. Realschule den Sprung in die Sekundarschule schaffen, im Kanton Schaffhausen unterhalb von 60 Prozent liegt (siehe Tabelle), weist etwa der Kanton Bern einen Wert von 75 Prozent aus. Die Gründe für die insgesamt tiefere Quote im Kanton sind gemäss Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel nicht primär in den systembedingten Abweichungen zwischen den kantonalen Schulsystemen zu suchen, sondern gehen im Falle des Kantons Schaffhausen auf Schwankungen zwischen den einzelnen Gemeinden zurück: «Bei den meisten Schaffhauser Gemeinden würden wir mit einer Quote von deutlich über 60 Prozent nahe beim Schweizer Durchschnitt liegen, aber es gibt einige Kommunen, in denen bereits seit Jahren die Sekundarschulquote unter dem Schnitt liegt», sagt Widmer Gysel. Als Beispiel - es gäbe auch andere - nennt die Erziehungsdirektorin Neuhausen: Dort schaffen prozentual weniger den Sprung in die Sekundarstufe als in den übrigen Gemeiden. Im Gegensatz dazu sei in Stein am Rhein die Quote dafür «enorm hoch».

Zahlen unter Verschluss

Exakte Zahlen für die Gemeinden will das Departement nicht öffentlich machen. Erklärt werden diese Unterschiede mit den in Gemeinden herrschenden «Kulturen»: «Manche Lehrer haben sehr hohe Ansprüche an die Sekundarschüler», sagt Widmer Gysel. Und weil Bewertung und Notengebung nicht standardisiert seien, könne es so zu Unterschieden kommen.
Es gebe aber Bestrebungen, eine bessere Standardisierung zu schaffen: Dazu gehören das HarmoS-Konkordat - die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule - oder das «Klassencockpit» - standardisierte Tests, die eine Vergleichbarkeit mit den Fähigkeiten von Schülern aus anderen Kantonen erlauben. Nachdem im vergangenen Herbst die Sekundarlehrerkonferenz klarere Regeln für die Beurteilung gefordert hat, will man das Thema an der Klausurtagung des Erziehungsrates im Sommer behandeln.

Lehrer fühlen sich übergangen

Während also die Frage nach der tieferen Sekundarschulquote noch der Beantwortung harrt, ist die Diskussion um die Sekundarschulprüfung in vollem Gange. Überrascht vom Vorschlag des Stadtschulrates war man nicht nur im Erziehungsdepartement, auch die Lehrerschaft hat sich inzwischen zu Wort gemeldet. Hauptvorwurf: Die Lehrer, welche das 2002 eingeführte Übertrittsverfahren durchführen müssen, wurden vorgängig gar nicht von der Schulbehörde zu ihren Erfahrungen befragt. Das Vorgehen sei «ohne seriöse Vernehmlassung» erfolgt und «ohne sorgfältige Auswertung in Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen», war Leserbriefen zu entnehmen.
Auf Nachfrage beim Schulpräsidenten zeigt sich, dass der Antrag gegen seinen Willen entstanden ist: «Ich habe im Januar 2008 eine Umfrage bei der Lehrerschaft gestartet, bis Ende Mai hätten die Teams ihre Meinung äussern können», sagt Urs Hunziker, Stadtschulratspräsident und Schulreferent. Mit dem nun erfolgten Antrag habe der Stadtschulrat die Idee noch vor Beendigung der Vernehmlassung lanciert. Hunziker: «Das geschah gegen meine Stimme im Stadtschulrat.» Hunziker wollte abwarten: «Ich hätte das alles im Vorfeld gern sorgfältiger abgestützt.» Zudem wollte Hunziker mit den Neuhausern zusammenspannen, bei denen ebenfalls Bestrebungen in diese Richtung unternommen würden. Doch eine Mehrheit im Stadtschulrat sprach sich für den Antrag aus. Ein Argument der Befürworter einer Wiedereinführung: Wenn der Erziehungsrat auf den Antrag eintritt - obwohl der Stadtschulrat faktisch nicht über ein solches Antragsrecht verfügt -, dann würde sowieso von diesem Gremium eine breite Vernehmlassung zum Thema durchgeführt.
Für den Antrag des Stadtschulrates zur Wiedereinführung eines prüfungsbasierten Übertritts hat Rosmarie Widmer Gysel, die auch dem Erziehungsrat vorsteht, «kein grosses Verständnis». «Meiner Meinung nach wäre die Wiedereinführung der Sekundarschulprüfung ein grosses Projekt, dass man neu anpacken müsste - und das läuft dem oft geäusserten Wunsch, dass nicht noch mehr im Bildungswesen geschaffen werden, entgegen.» Dennoch soll auch dieser Antrag im Rahmen der Klausurtagung behandelt werden.

Quelle