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Warum sind die Wälder so leer?

schaffhauser az, 10.01.2009 von Praxedis Kaspar

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Praxedis Kaspar über die Stützung von Eltern und Kindern (vgl. nächsten Artikel)

Frühe Förderung - was sollen wir darunter verstehen? Schicke Muttis, die ihre Kinder von der Ponyreitstunde ins Ballett und hinterher zum persönlichen Förderunterricht beim Privatlehrer fahren? Oder weinende SVP-Kinder, die von einem übereifrigen Staat den Armen ihrer Mütter entrissen und in Zwangsunterricht gesteckt werden? Bedeutet Frühförderung Verschulung der Kindheit? Greift sie auf unzulässige Weise in Familien ein? Oder ist alles ganz anders: Rettet Frühe Förderung die Kinder vor ihren bildungsfernen Eltern, vor Müttern, die kaum aus dem Haus gehen, kein Deutsch können und sich nicht am gesellschaftlichen Leben beteiligen? Muss der Staat am Ende die Familie ersetzen, die immer weniger tragfähig ist, weil ausser den fernsehenden und Süsses mampfenden Kindern ja gar keiner zu Hause ist? Und das alles, weil die Mütter arbeiten wollen? Und was, wenn Mütter arbeiten müssen, weil die Väter entweder gar nicht vorhanden sind oder zu wenig verdienen, um alle durchzubringen? Sind es die Kinder der neuen Armen, die in erster Linie Förderung brauchen?

Elternschaft. Was bedeutet das heute? Glückliche, behütete Kindheit. Gibt es das noch? Wenn ja, warum sind denn unsere Wälder immer so leer? Warum gibt es Kinder, die keinen Purzelbaum mehr schlagen können, Kinder, die keine Geschichten kennen, weil niemand da ist, der sie ihnen erzählt? Ist denn überhaupt noch jemand glücklich und der Dinge mächtig in dieser Zeit der Ängste, der Überforderung und der unsicheren Perspektiven?

Schluss jetzt mit Trübsalblasen. Es hat wohl nie so richtig funktioniert, im Mittelalter nicht, im Biedermeier schon gar nicht und auch nicht in den Beton-Fünfzigern. Weil es aber immer neue Familien mit immer neuen Kindern gibt, müssen wir uns etwas einfallen lassen für diese zerklüftete Gesellschaft von heute, die sich immer schneller teilt in Reiche und Arme, in solche mit Chancen und jene anderen, die, wie Hoffmannsthal sagen würde, `drunten sterben müssen` - Souterrain lebenslang.

Was also tun? Vielleicht sollten wir uns zuallererst eingestehen, dass es keine einfachen Wahrheiten und noch weniger simple Rezepte gibt. Dann sollten wir von vorn beginnen und uns die Kinder genau ansehen. Aufmerksam beobachten und herausfinden, was ihnen richtig guttut. Und: Fast alle, auch die `bildungsfernen` Eltern haben ihre Kinder gern und wollen es gut machen mit ihnen. Vielleicht sind manche ja bildungsfern, aber herznah. Vielleicht brauchen sie ein Hilfsangebot - in einer Sprache, die sie verstehen, von Menschen, denen sie vertrauen können. Und vielleicht braucht ja auch die überaktive Fördermama Denkanstösse. Der Kanton Schaffhausen tut auf jeden Fall gut daran, sein fortschrittliches Förderkonzept weiterzuentwickeln und der hervorragend arbeitenden Fachstelle Integres sowie den Profis des Arbeiterhilfswerks alle nur erdenkliche Unterstützung zu geben. Die Stunde der Wahrheit schlägt aber erst dann, wenn das Geld für Krippenplätze, sprachfördernde Spielgruppen und beratende Fachpersonen auf den Tisch muss.

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