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Wahlkarussell gerät erneut in Bewegung
Schaffhauser Nachrichten, 02.09.2010 von Walter Joos
Die Suche nach einem Ersatz für Regierungspräsident Erhard Meister als Mitglied der Exekutive hat hinter den Kulissen begonnen.
Die politischen Parteien sind auch nach der überraschenden Kunde vom auf Ende dieses Jahres festgesetzten Rücktritt von Regierungspräsident Erhard Meister als Mitglied der fünfköpfigen Exekutive bestrebt, den Stimmberechtigten für die am 29. August stattfindende Ersatzwahl eine echte Wahl zu ermöglichen. Dabei hält sich die Begeisterung über die unvorhergesehene Rochade in der Regierung da und dort in Grenzen. «Eine Ersatzwahl zur Unzeit» überschrieb Redaktor Bernhard Ott letzte Woche einen Beitrag zur politischen Ausgangslage und stiess sich vor allem an der Tatsache, dass eine einzelne Vakanz im bürgerlichen Lager den Sozialdemokraten wenig Chancen bietet, die parteipolitische Zusammensetzung innerhalb der Regierung zu ihren Gunsten zu verändern.
Gute Chancen - breite Auswahl
Die Schweizerische Volkspartei ist auf jeden Fall fest entschlossen, ihr bisher von Erhard Meister ausgeübtes Mandat zu behalten. Dazu bestehen nach Ansicht von Parteipräsident Werner Bolli gute Chancen. Die SVP verfügt aus seiner Sicht über eine ganze Reihe von möglichen Bewerbern, die das notwendige Format zur Übernahme eines Regierungssitzes besitzen. Als erste Ortspartei hat letzte Woche die SVP Neuhausen am Rheinfall beschlossen, zuhanden der Delegierten Kantonsrat Dino Tamagni als Kandidat für die am 10. Mai stattfindende Nomination in Vorschlag zu bringen. Als weitere mögliche Bewerber gelten unter anderen die Kantonsräte Markus Müller, Andreas Bachmann, Hans Schwaninger und Bernhard Müller; Thomas Hurter dürfte es dagegen schwerfallen, sein Nationalratsmandat mit einem Sitz in der Kantonsregierung zu vertauschen. Er schliesst einen solchen Schritt jedoch nicht einfach aus.
Zeitplan ist erstellt
Offen ist, ob sich die Mitglieder der Jungen SVP dazu entschliessen, sich am parteiinternen Ausscheidungsverfahren zu beteiligen. Sie haben wie die Orts- und Kreisparteien der SVP bis zum 30. April die Möglichkeit, aus ihrer Sicht geeignete Bewerber in Vorschlag zu bringen. Die in der kommenden Woche tagenden Sektionspräsidenten wollen dabei eine Reihe von Anforderungen definieren, denen ein künftiger Regierungsrat aus der Sicht der SVP zu genügen hat. Dazu zählen neben dem politischen Rüstzeug laut Werner Bolli vor allem eine ausreichende Führungserfahrung.
Bürgerliche Ausrichtung
Bis zu welchem Grad sich die SVP im Vorfeld ihrer Nomination mit der FDP über eine allfällige Unterstützung ihres Bewerbers absprechen kann, ist im Moment noch offen. Die SVP fühlt sich allerdings nach der letztjährigen Verstimmung im bürgerlichen Lager stark genug, notfalls auch ohne Sukkurs seitens der FDP beim Volk eine Mehrheit zu finden. Ein klare bürgerliche Ausrichtung ist in der SVP ohnehin eine zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Nomination.
Konkurrenz in den Startlöchern
Während sich die mit zwei Sitzen im Regierungsrat vertretene FDP mit Sicherheit nicht mit einer eigenen Bewerberin oder einem eigenen Bewerber an der Ersatzwahl vom 29. August beteiligt, wird sich die am 10. Mai nominierte Kandidatin oder der Kandidat der SVP mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Konkurrenz aus dem linken Lager und möglicherweise auch dem grünen Spektrum zu messen haben. Dazu zählt in erster Linie eine Vertreterin oder ein Vertreter der Alternativen Liste. Wie Parteipräsident Till Anders gegenüber der «AZ» verlauten liess, habe seine Gruppierung die feste Absicht, sich mit einer eigenen Bewerberin oder einem eigenen Bewerber am Wahlkampf zu beteiligen. Auch die Ökoliberale Bewegung und die Sozialdemokraten wollen in den kommenden Wochen laut Aussage ihrer Parteipräsidentinnen Iren Eichenberger und Martina Munz ernsthaft prüfen, ob sie über Persönlichkeiten verfügen, die willens und fähig wären, sich am bevorstehenden Wahlkampf zu beteiligen.
Regierungsrat Mehrfach wechselnde parteipolitische Zusammensetzung
Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen setzt sich seit dem Beginn des neuen Jahrtausends aus je zwei Vertretern der Freisinnig-Demokratischen Partei und der Schweizerischen Volkspartei sowie einer Vertreterin der Sozialdemokratischen Partei zusammen. Das war bereits auch im letzten Jahrhundert während längerer Zeit der Fall. 1968 gelang es Ernst Neukomm allerdings nach dem Rücktritt von Regierungsrat Ernst Lieb, für die SP einen zweiten Sitz zu Lasten der SVP zu erobern. Bei dieser neuen parteipolitischen Zusammensetzung - zwei FDP, zwei SP, ein SVP - blieb es in der Folge bis zum 1999 erfolgten Rücktritt von Regierungsrat Peter Briner. Der an seiner Stelle von der FDP nominierte Josef Zumbühl unterlag im zweiten Wahlgang dem ökoliberalen Herausforderer Herbert Bühl. Dieser verdankte seinen Erfolg nicht zuletzt der Tatsache, dass sich mit Martin Vögeli ein zweiter Kandidat aus dem bürgerlichen Lager um die Nachfolge von Peter Briner beworben hatte. Herbert Bühl schied allerdings nach fünf Jahren - das heisst am 31. Dezember 2004 - wieder aus dem Regierungsrat aus. Bereits im Wahljahr 2000 war es jedoch der SP nicht mehr gelungen, ihr zweites Mandat zu verteidigen. Nach dem Rücktritt von Ernst Neukomm gelang es dem am 31. März aus der Exekutive zurücktretenden Heinz Albicker, den an die ÖBS verlorenen Sitz der FDP zu Lasten der SP zurückzugewinnen. Im Wahljahr 2004 verdrängte schliesslich Rosmarie Widmer Gysel den als überzählig aus dem Rennen fallenden Herbert Bühl und verhalf damit der SVP nach mehr als 30 Jahren wieder zu einem zweiten Sitz in der Regierung. Es steht selbstverständlich bereits zum heutigen Zeitpunkt fest, dass die SVP das bisher von Erhard Meister gehaltene Mandat am 29. August dieses Jahres verteidigen wird. Ob weitere politische Gruppierungen - insbesondere die Sozialdemokraten oder die Ökoliberalen - der SVP den Sitz streitig machen werden, ist hingegen zur Stunde noch offen.