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Voll zwischen Stuhl und Bank

schaffhauser az, 14.03.2013 von Bernhard Ott

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Gestern musste man fast ein bisschen Mitleid haben mit Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel. Da rackert sie sich ab, um dem Sparprogramm ESH3 zum Durchbruch zu verhelfen, aber die Zahlen der Kantonsrechnung 2012, die sie den Medien vorstellte, sind mehr als ernüchternd: Zwar haben die bereits umgesetzten Kostenreduktionen von ESH3 erste Resultate gebracht, sie sind jedoch nur ein Tropfen auf dem immer heisser werdenden Stein der Gesundheits- und Sozialausgaben und verpuffen im Nichts.
Diese negative Entwicklung dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen, auch dann, wenn die Regierung sich jetzt sogleich wieder ans Werk macht, um an weiteren Sparmassnahmen, einem ESH4-Programm, zu basteln. Damit löst sie das Grundproblem der Schaffhauser Kantonsfinanzen nicht: steigenden Ausgaben, die zu einem grossen Teil vom Kanton nur marginal beeinflusst werden können, stehen stagnierende (Steuer-) Einnahmen gegenüber. Das Loch wird immer grösser, der Kanton befindet sich finanzpolitisch voll zwischen Stuhl und Bank.

Genau hier hört das eingangs erwähnte Mitleid auf. Die ungemütliche Lage haben wir Schaffhauser uns selbst eingebrockt. Eine gros­se Mehrheit von uns hat, als es den Kantonsfinanzen noch gut ging, den wiederholten Steuersenkungen zugestimmt, die uns von Regierung und Parlament vorgeschlagen wurden. Es wäre eine Geschichtsklitterung, wenn man dafür nur die bürgerlichen Regierungsmitglieder und ihre Gesinnungsgenossen im Kantonsrat verantwortlich machen würde. Profitiert, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmass, haben wir alle.

Nun sind die fetten Jahre vorbei, und es wird immer deutlicher, dass wir zu viel Fleisch vom Knochen abgenagt haben. Wäre man mit den Steuergeschenken etwas zurückhaltender gewesen, wir hätten heute nicht so grosse Probleme. An diesem bitteren Eingeständnis führt kein Weg vorbei, und selbst der Finanzdirektorin scheint es zu dämmern, dass man den Karren nicht mehr ausschliesslich mit Sparmassnahmen aus dem Dreck ziehen kann. Das geht nur noch mit höheren Steuern.

Also, ans Werk, liebe Politikerinnen und Politiker! Wir brauchen ein Paket von ausgewogenen und sozialverträglichen Steuererhöhungen, das dem Volk unterbreitet werden kann und Chancen auf Erfolg hat. Dazu gehört neben einer massvollen Anhebung des Steuerfusses die Wiedereinführung einer 13. Progressionsstufe für Einkommen zwischen 200'000 und 400'000 Franken, wie sie die Alternative Liste fordert, und die Wiedereinführung einer, klugerweise ebenso massvollen, Erbschaftssteuer für direkte Erben von grossen Vermögen.

Ein solches Paket hat nur Erfolgsaussichten, wenn es breit abgestützt ist und wenn es aus einer Kombination von Steuererhöhungen und Einsparungen besteht. Finanzpolitische Rechtgläubigkeit, ob auf der rechten oder der linken Seite, ist jetzt völlig fehl am Platz. Die brenzlige Lage der Kantonsfinanzen lässt gar nichts anderes mehr zu als den 'grossen Kompromiss'.

schaffhauser az