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Theologie, die in die Gegenwart wirkt

Schaffhauser Nachrichten, 22.01.2010 von Daniel Wunderli

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Die Gedenkfeier anlässlich des 100. Geburtstags des Schaffhauser Theologen Arthur Rich lockte gestern zahlreiche Besucher ins Park Casino.

Der Saal im Park Casino Schaffhausen war bis in die hinterste Reihe mit Besuchern gefüllt, als Rosmarie Widmer Gysel im Namen der Kantonsregierung die Gäste begrüsste.

Thomas Wolf, der gerade ein Buch über Arthur Rich verfasst hat, ging in seinem Referat auf die Frage ein, warum Arthur Rich als Klassiker der protestantischen Ethik gesehen wird. «Er ist deswegen ein Klassiker, weil sein Denken die Gegenwart und die Zukunft beeinflusste», so Wolf. Als ein Beispiel verwendet er eine Predigt Richs, die er anlässlich der Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang 1949 hielt. Dabei bezog sich Rich auf folgende Bibelstelle: «Zur Freiheit seid ihr berufen worden. Auf eins jedoch gebt acht: Dass die Freiheit nicht zu einem Vorwand werde, sondern dient einander in der Liebe.» (Galater 5,13). Dieses Zitat habe Rich so ausgelegt, dass wer gegen die Freiheit der Menschen stehe, auch gegen Jesus stehe. Er bezog sich dabei auf die Unfreiheit im kommunistischen Osten. Der Missbrauch der Freiheit, nämlich die Freiheit des Stärkeren ohne Rücksicht auf Schwächere, sei ein Missbrauch der Freiheit - eine Kritik auch an der freien Marktwirtschaft im Westen. Diese Interpretation der Bibelstelle nahm Rich 1949 vor: eine Frage, so Thomas Wolf, die selbst in der heutigen Zeit, nicht nur aufgrund der Probleme in der Finanzwirtschaft, aktuell geblieben sei. Als zweite Referentin trat Kirchenratspräsidentin Silvia Pfeiffer ans Rednerpult. Als ehemalige Assistentin Richs an der Universität Zürich hatte sie lange Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Auch sie ging auf Richs Fähigkeit ein, über Themen schon vor vielen Jahren nachgedacht zu haben, die uns auch heute noch nachhaltig beschäftigen: etwa Fragen zum medizinischen Fortschritt und der Ethik. Als letzter Referent berichtete Pfarrer Thomas Wipf, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, über die Bedeutung Arthur Richs für die Kirche heute. Er nahm Bezug auf die Minarett-Initiative und die Frage, in welchem Verhältnis Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stehen sollten. Im Sinne von Richs Ethik verwies er auf die Wichtigkeit, die beiden Begriffe nicht als unvereinbare Gegenspieler zu verstehen, sondern als aufeinander bezogene Wahrheiten. Stadtpräsident Thomas Feurer zeigte sich beeindruckt von den Referaten der Gastredner. In seinem Grusswort sagte er: «Es fehlen heutzutage moralische Instanzen wie Arthur Rich.»

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