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Schaffhausen will bei Steuern zur Spitzengruppe vorstossen

Schaffhauser Nachrichten, 07.07.2015 von Zeno Geisseler

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Andreas Wurster, der Chef der kantonalen Steuerverwaltung, gestern bei der Vorstellung der Steuerstatistik und der Massnahmen im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform. Links Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel. Bild Selwyn Hoffmann

Unternehmen sollen im Kanton Schaffhausen so wenig Steuern wie in Luzern oder Irland bezahlen müssen. Für alle Firmen soll neu der gleiche Satz gelten.

Schaffhausen will bei Steuern zur Spitzengruppe vorstossen

Schaffhausen Der Kanton Schaffhausen bereitet bei den Unternehmen eine grosse Steuerreform vor. Im Zuge der Unternehmenssteuerreform III des Bundes werden Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften abgeschafft und die Schaffhauser Steuersätze vereinheitlicht. Ab 2019 soll im Kanton Schaffhausen für alle Unternehmen eine Gesamtsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent gelten. Damit stösst Schaffhausen schweizweit in die Top 3 vor und liegt international gleichauf mit Steuerparadiesen wie Irland.

Arbeitsplätze möglichst erhalten

Der Einheitssatz bringt für die heutigen ordentlich besteuerten Firmen eine Erleichterung: Ihre Belastung liegt derzeit bei 16 Prozent. Deutlich mehr Steuern abliefern müssen hingegen künftig diejenigen Gesellschaften, welche bislang von besonderen Steuerregimes profitiert haben. Ihre Belastung steigt von 7,8 Prozent (Holding- und Domizilgesellschaften) beziehungsweise 8,7 Prozent (gemischte Gesellschaften) auf die erwähnten 12 bis 12,5 Prozent. Knapp 400 Unternehmen mit rund 3200 Arbeitsplätzen sind davon betroffen, wie Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gestern an einer Medienorientierung mitteilte. Der Kanton hofft, dass diese Firmen und ihre Arbeitsplätze trotz der höheren Steuern in Schaffhausen bleiben. Schaffhausen könnte allerdings einige Abgänge verkraften. Verbleiben mindestens 60 Prozent der Steuerbasis der heutigen gesondert besteuerten Gesellschaften im Kanton, hat das neue Regime keine Verluste zur Folge. Liegt der Anteil der treuen Unternehmen höher, steigen die Steuereinnahmen sogar an.

Schaffhausen gleicht sich Irland an

Weit vorne beziehungsweise weit unten will sich der Kanton Schaffhausen bei den Unternehmenssteuern positionieren. Es steht viel auf dem Spiel.

Schaffhausen hat mit tiefen Unternehmenssteuern bislang viel Erfolg gehabt. 200 besonders günstig besteuerte Verwaltungs- und 187 Holdinggesellschaften gibt es im Kanton. Diese bieten rund 3200 Arbeitsplätze und pumpen tüchtig Geld in die Steuerkassen von Kanton und Gemeinden: 55 Millionen Franken waren es alleine im Jahr 2013, die Steuern der Mitarbeitenden noch nicht eingerechnet. Über 40 Prozent der gesamten Gewinnsteuereinnahmen von Kanton und Gemeinden stammen von solchen Statusgesellschaften. Nur Zug und Basel-Stadt kommen auf noch höhere Anteile.

So erfolgreich dieses Modell ist, so umstritten ist es auch, gerade bei der OECD und der EU. Diese betrachten die kantonalen Steuerregimes als wettbewerbsverzerrend. Nun sollen diese besonderen Besteuerungsformen im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III des Bundes per 1. Januar 2019 verschwinden. Die Schaffhauser Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel und Andreas Wurster, der Chef der kantonalen Steuerverwaltung, haben gestern an einer Medienkonferenz darüber informiert, was die Folgen für den Kanton sind. Der grosse Knackpunkt ist der Steuersatz. Bis jetzt liegt die Gesamtbelastung auf dem Gewinn vor Steuern bei den besonders begünstigten Statusgesellschaften zwischen 7,8 und 8,7 Prozent. Alle übrigen Unternehmen bezahlen 16 Prozent. Wenn nun der Bund im Rahmen der Unternehmenssteuerreform die Sonderformen abschafft, und der Kanton weiter nichts unternimmt, bezahlen die jetzigen Statusgesellschaften künftig auch 16 Prozent. Dies würden sich viele Firmen wohl nicht gefallen lassen. Sie würden Schaffhausen den Rücken kehren und in einen günstigeren Kanton oder ins Ausland ziehen. Neben dem Verlust der Unternehmenssteuern gingen auch Tausende von Arbeitsplätzen verloren, und die Wirtschaft verlöre kaufkräftige Konsumenten.

Ein Teil bekommt tiefere Steuern

Um dies zu verhindern, schlägt der Regierungsrat nun vor, für alle Unternehmen pauschal einen Satz zwischen 12 und 12,5 Prozent anzuwenden. Auf Firmen, die bis jetzt ordentlich besteuert werden und 16 Prozent bezahlen, kommt also eine Steuersenkung zu, die heutigen privilegierten Gesellschaften hingegen müssen damit rechnen, dass ihre Steuerrechnung um bis zur Hälfte höher ausfallen wird. Dies ist zwar ein saftiger Anstieg, mit einer Gesamtsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent bewegt sich Schaffhausen jedoch in bester Gesellschaft. Auch Tiefsteuerländer wie Irland, das übrigens auch schon Firmen aus Schaffhausen abwerben konnte, verlangen 12,5 Prozent. Schweizweit wiederum kann sich Schaffhausen unter den drei Kantonen mit den tiefsten Unternehmenssteuern placieren. All dies nährt im Regierungsgebäude die Hoffnung, dass trotz Steuererhöhung viele Firmen im Kanton bleiben werden. Was die konkreten Folgen für die Kantonskasse sein werden, lässt sich heute jedoch noch gar nicht sagen. Dies hängt sehr davon ab, wie viele – und welche – Unternehmen allenfalls den Kanton verlassen werden. Schaffhausen hat allerdings einen gewissen Puffer. Selbst wenn nur 60 Prozent des Steuersubstrats erhalten blieben, hielten sich Verluste und Mehreinnahmen noch die Waage (siehe auch «Nachgefragt» mit Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel rechts). Das neue Steuerregime wird auch Einfluss auf die Gemeinden haben: Steigen die Steuern für die heutigen Spezialgesellschaften, kann dies einen Geldsegen für die Standortgemeinde bedeuten. Für Fairness sorgen soll der Finanzausgleich.