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Regierung zieht Notbremse bei Steuersenkungen

Schaffhauser Nachrichten, 20.04.2011 von Zeno Geisseler

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Mindereinnahmen in Millionenhöhe zwingen die Schaffhauser Regierung zu einem Marschhalt bei den steuerlichen Entlastungen. Auch die Ausgaben sollen zurückgefahren werden.

Noch keine zwei Monate ist es her, seit die Regierung ihre Steuersenkungspläne für die nächsten Jahre präsentierte. KMU, Grosskonzerne, Kleinverdiener, der Mittelstand und Vermögende hätten entlastet werden sollen. Jetzt sind diese Pläne zwar nicht gerade Makulatur, aber doch auf Eis gelegt. Zusätzlich wird die Regierung für das Budget 2012 enge Vorgaben vorsehen. Der Grund für diese Kehrtwende: Der Kanton rechnet neu mit deutlich tieferen Einnahmen für die kommenden Jahre. Dies sagte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gestern an einer Medienkonferenz. «Es gab eine Kumulation von buchstäblichen 'Bad News'», sagte Widmer Gysel. «Dadurch werden sich bis 2012 die Mindereinnahmen auf 20 bis 25 Millionen Franken belaufen.» Zwar hatte die Regierung schon vorher für 2012 mit roten Zahlen gerechnet, jetzt dürfte das Minus im Haushalt jedoch tiefrot werden (siehe auch Interview rechts).

SNB und Axpo ...

Die «Bad News», auf die sich Regierungsrätin Widmer Gysel bezog, waren teilweise schon länger bekannt. Bereits im Januar hatte die Schweizerische Nationalbank einen Milliardenverlust publiziert. Als Folge werden die Ausschüttungen an die Kantone künftig viel tiefer ausfallen. Der Kanton Schaffhausen rechnet mit einem Rückgang von zehn Millionen Franken ab 2012. Der zweite Schlag folgte Ende Januar: Der Energiekonzern Axpo, an dem der Kanton Schaffhausen 7,875 Prozent hält, bezahlt viel tiefere Dividenden als erwartet. Die Ausschüttung liegt rund 4,5 Millionen Franken tiefer als im Budget 2011 vorgesehen.

... sowie hohe Steuerausfälle

Von diesen zwei Rückschlägen wusste die Regierung, als sie Anfang März ihre geplanten Steuererleichterungen präsentierte. Sie war damals somit offenbar der Ansicht, dass die Mindereinnahmen bei SNB und Axpo zu verkraften seien. Doch in den letzten paar Wochen sind zwei weitere Hiobsbotschaften auf den Schreibtischen der Regierung gelandet: Die erste - und kleinere - traf am 14. März aus Bern ein und betrifft die 2008 vom Volk angenommene Unternehmenssteuerreform II. Sie bringt höhere Ausfälle als erwartet, der Kanton rechnet kurzfristig mit Mindereinnahmen von zwei bis drei Millionen Franken. Dieser - verhältnismässig kleine - weitere Rückgang hätte die Pläne wohl noch nicht auf den Kopf gestellt. Viel stärker schenkte aber die jüngste Meldung ein: die Zwischenbilanz der Steuereinnahmen per 31. März. Sie brachte an den Tag, dass der Kantonsanteil an den direkten Bundessteuern juristischer Personen in den kommenden zwei Jahren nicht wie erwartet höher ausfällt als 2010, sondern im Gegenteil deutlich tiefer: sieben Millionen Franken weniger 2011, sogar rund zehn Millionen Franken im Jahr 2012. Total summieren sich die Ausfälle für das Jahr 2012 so auf die besagten 20 bis 25 Millionen Franken. Nur am Rande betroffen sind übrigens die Gemeinden: Sie müssen nur mit einem Rückgang von rund einer Million Franken pro Jahr wegen der Unternehmenssteuerreform II rechnen. Alle anderen erwarteten Ausfälle betreffen nur den Kanton.

«Vorübergehende Delle»

Regierungsrätin Widmer Gysel betonte, dass es dem Kanton trotz der Mindereinnahmen fundamental nach wie vor gut gehe: «Die Konjunkturaussichten sind günstig, die Ausgangslage ist gut, daran hat sich nichts geändert.» Nun gelte es jedoch, den richtigen Weg einzuschlagen, um eine vorübergehende Delle hinter sich zu lassen. Im Zentrum stehen zwei Massnahmen. Erstens will die Regierung die Ausgaben deutlich beschneiden. «Wenn möglich», schreibt der Regierungsrat in einer Vorlage zuhanden des Kantonsparlaments, «soll die Haushaltslücke auf unter 30 Millionen Franken beschränkt werden.» Für das Budget 2012 bedeutete dies Ausgaben von höchstens knapp 640 Millionen Franken bei Einnahmen von 610 Millionen Franken - ein Rekorddefizit. Noch unklar ist allerdings, wo genau der Kanton seine Ausgaben senken könnte. Viele Budgetposten sind gesetzlich vorgesehen und können nicht ohne Weiteres angepasst werden. Kantonsrat und Volk werden ein Wort mitzureden haben. Zweitens plant die Regierung einen Marschhalt bei ihren Steuersenkungsplänen. Die Steuervorlage vom 1. März soll daher aufgeteilt werden. Teil A enthält obligatorische Anpassungen per 1. Januar 2012. Dabei geht es um Änderungen, welche aufgrund des Bundesrechts und von Bundesgerichtsurteilen so oder so angepasst werden müssen. Sie sollen wie geplant vom Parlament bestätigt werden. Verschoben werden sollen hingegen die im Teil B zusammengefassten, eingangs erwähnten finanziellen Entlastungen. Die Regierung stellt den Antrag, Teil B erst nach der Behandlung des Finanzplanes 2012-2015 und in Kenntnis aller Fakten weiter zu beraten. Ein Abschied der im Standortwettbewerb so wichtigen Steuersenkungsstrategie soll dies aber nicht sein. Offen ist nur, wann es weitergeht.


Nachgefragt

«Massiv tiefere Staatseinnahmen»

Der Regierungsrat erwartet einen Rückgang der Einnahmen von 4,4 Prozent für das Jahr 2012. Damit die Kasse stimmt, müssten Sie nur die Ausgaben entsprechend senken. Das tun Sie aber nicht, sondern nehmen ein Rekorddefizit in Kauf. Warum?

Rosmarie Widmer Gysel: Leider haben wir Anzeichen, dass verschiedene Staatseinnahmen massiv tiefer ausfallen werden. Das erfordert Korrekturen auf der Ausgabenseite. Der grosse Teil der gesetzlich gebundenen Ausgaben wie zum Beispiel die Ergänzungsleistungen, die Beiträge an die Spitalbehandlungen der Schaffhauserinnen und Schaffhauser lässt sich nicht kurzfristig beeinflussen. Die Regierung hat mit den Weisungen zum Budget 2012 jedoch Vorgaben beschlossen, um im Rahmen des beschränkten Spielraums die Ausgaben zu verringern. Über die mittel- und längerfristigen Massnahmen wird sie später entschieden.

Wo sehen Sie Sparpotenzial?

Widmer Gysel: Als Sofortmassnahme hat der Regierungsrat den Departementen einen restriktiven Ausgabenplafond für das Budget 2012 vorgegeben. In diesem Rahmen haben die Departemente die entsprechenden Massnahmen vorzusehen. Die Vorsteherinnen und Vorsteher der Departemente kennen ihre Aufgaben am besten. Sie wissen, wo kurzfristig Einsparungen möglich sind.

Sind Steuersenkungen nun vom Tisch?

Widmer Gysel: Nein. Wir werden unsere Steuerstrategie mittelfristig weiterverfolgen; es gibt aber eine Verzögerung.
Interview Zeno Geisseler

Quelle