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Reformbedarf ist weiterhin unbestritten

Schaffhauser Nachrichten, 24.10.2009 von Walter Joos

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Schaffhausen soll möglichst bald ein Bildungsgesetz und ein revidiertes Schulgesetzerhalten. Gestern wurde der Reformbedarf neu definiert.

Die Stimmberechtigten des Kantons Schaffhausen haben zu Beginn dieses Jahres sowohl das neue Bildungsgesetz als auch das total revidierte Schulgesetz deutlich verworfen. In der Zwischenzeit hat sich Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel mit einer Vielzahl von Befürwortern und Gegnern der verunglückten Vorlage auseinandergesetzt. Dabei ist sie zum Schluss gekommen, dass der Reformbedarf im Bildungswesen hüben wie drüben im Grundsatz unbestritten ist. Angesichts der Tatsache, dass es jedoch heute nicht ganz leicht ist, Mehrheiten für politische Veränderungen im Bereich der Bildung zu finden, hat sich die Vorsteherin des Erziehungsdepartementes entschlossen, für einmal neue Wege zu gehen.

«Ständige Baustelle»

Nach vertieften Vorgesprächen im kleinen Kreis waren gestern mehr als hundert Personen zu einer von Gastmoderator Hannes Hinnen geschickt inszenierten Grossgruppenkonferenz im Hofackerzentrum in Buchthalen eingeladen worden. Neben einer Vielzahl von aktiven Lehrkräften waren auch Vertreter der Elternschaft und der kantonalen und kommunalen Schulbehörden sowie weitere am Bildungswesen interessierte Personen aufgeboten worden. In einem ersten Umgang wurden dabei die bei den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorhandenen Befindlichkeiten dargelegt. Dabei zeigte sich, dass eine Vielzahl der Anwesenden die Schule in Schaffhausen als eine «ständige Baustelle» erlebt und sich aus diesem Grunde nach klareren Verhältnissen sehnt.

Stärken und Schwächen

Diskutiert wurde gestern allerdings nicht im Plenum, sondern in wechselnder Zusammensetzung in kleinen Gruppen zwischen acht und zwölf Personen. Um eine solide Basis zu schaffen, wurden vorerst die Stärken und Schwächen des einheimischen Schulsystems aufgelistet und verglichen. Als positiv wurden dabei das grosse Engagement der Lehrkräfte, die überschaubaren Organisationsstrukturen und die weiterhin relativ grosse Freiheit bei der Gestaltung des Unterrichts hervorgehoben. Als Stärken wurden ferner die Existenz von in den Gemeinden verwurzelten Schulen, die vernünftigen Klassengrössen, das breitgefächerte Weiterbildungsangebot, die schrittweise Einführung von Integrativen Schulformen sowie der stärkere Teamgeist im Schulbetrieb bezeichnet. Als Schwachstellen orteten die anwesenden Akteure die an vielen Orten fehlende Schulleitung, den steigenden administrativen und organisatorischen Aufwand, die mangelnde Integration der Eltern in die Ausbildung ihrer Kinder sowie die teilweise unzureichenden Ressourcen. Auch die zunehmende Belastung der Lehrkräfte, die mangelnde Zeit für den eigentlichen Unterricht und die zunehmende «Verweiblichung» des Lehrberufs wurden als Schwächen bezeichnet. Bei der Behebung der genannten Schwächen gilt es allerdings laut Walo Hutmacher, die künftige Entwicklung in Politik und Gesellschaft im Auge zu behalten. Der aus Genf angereiste Bildungsforscher machte die Anwesenden auf den immer stärker werdenden Wettbewerb der Standorte aufmerksam und rief zu einer qualitativen Weiterentwicklung unseres Schulsystems mit Hilfe von anerkannten pädagogischen Methoden auf.

Bisherige Anliegen erneuert

Bei der Definition des im Kanton vorhandenen Reformbedarfs blieb es im wesentlichen allerdings bei den bereits im Rahmen der vom Volk abgelehnten Vorlage diskutierten Anliegen (siehe separaten Kasten). Einzig in Bezug auf die Erarbeitung von messbaren Qualitätskriterien und einheitlichen Leistungsparametern sowie in Sachen vermehrter Transparenz und veränderter Gesprächskultur wurden zum Teil neue Wünsche formuliert. Aufgrund der gestern erarbeiteten Ergebnisse strebt Projektleiter Heinz Keller in den kommenden Monaten die Erarbeitung eines möglichst grossen gemeinsamen Nenners an.

Aktionsfelder Die gestern definierten heissen Themen einer Bildungsreform

In welchen Punkten soll die Schule im Kanton verändert werden? Dieser Frage gingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der gestrigen Grossgruppenkonferenz in der zweiten Hälfte der in methodischer Hinsicht klug aufgebauten und straff geführten Veranstaltung nach. Dabei zeigte sich, dass eine flächendeckende Einführung von geleiteten Schulen bei einer Mehrheit nach wie vor zu den zentralen Anliegen gehört.

Aber auch die Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen zwischen Kanton und Gemeinden, die Finanzierung und Organisation des Volkschulwesens und der verstärkte Einbezug der Eltern in die Schule wurden gestern als vordringliche Aufgaben bezeichnet. Dazu kommen der Wunsch nach klar definierten Bildungszielen mit einer entsprechenden Qualitätssicherung, die Verstärkung der Integrativen Schulformen und der bereits bestehenden Tagesstrukturen sowie die Förderung vertrauensbildender Massnahmen mit Hilfe einer verbesserten Kommunikation und Gesprächskultur. Aus der Sicht der mittleren und kleinen Gemeinden bedarf es jedoch auch in Zukunft eines angemessenen Freiraumes. Zudem müssen die Aufgaben und Kompetenzen auf der einen Seite sowie die konkreten Auflagen und finanziellen Lasten auf der andern Seite in einem mehrheitsfähigen Schulgesetz wesentlich ausgewogener gestaltet werden. Dazu gehört eine grössere Rücksichtnahme auf die Gemeinden. Die im direkten Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern stehenden Lehrkräfte müssen zudem von den stetig wachsenden administrativen und organisatorischen Aufgaben so weit wie möglich entlastet werden. Der pädagogische Freiraum darf nicht durch eine ausufernde Bürokratie behindert werden. Die Möglichkeiten für lokale oder individuell angepasste Lösungen sollen - so die Ansicht zahlreicher Akteure - vielmehr gewahrt und nicht durch einengende und zentralistische Vorschriften gekappt werden. Die gestern definierten Aktionsfelder sollen laut Aussage von Projektleiter Heinz Keller in den kommenden Monaten weiterbearbeitet werden. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, sich für die entsprechenden Gruppen zu melden. Das Ergebnis soll spätestens im kommenden Sommer vorliegen.

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