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Politik und Militär im neuen Europa

Schaffhauser Nachrichten, 05.09.2009 von Alfred Wüger

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Eine europäische Armee ja oder nein und wie - dies diskutierten hohe Militärs aus zehn Ländern.

Punkt neun Uhr eröffnete Tagungsdirektorin Heidi Kornek die auf Einladung der kantonalen Offiziersgesellschaft in Schaffhausen abgehaltene zweitägige Zusammenkunft von Offizieren aus der Schweiz, aus Österreich, Deutschland, Italien, Polen, Slowenien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und aus Kroatien, die gekommen waren, um sich mit europäischer Sicherheitspolitik auseinanderzusetzen. Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel betonte in ihrer Grussadresse die Ambivalenz des «extrem blutigen» 20. Jahrhunderts, das auch extrem grosse wissenschaftliche und technische Fortschritte gezeitigt habe.

Eine gesamteuropäische Armee

Am Nachmittag bildeten zwei Referate den Schwerpunkt. Hans-Peter Bartels aus Kiel, SPD, Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Verteidigungsausschusses, sprach sich dezidiert für gesamteuropäische Streitkräfte aus, «als Fernziel in fünfzehn bis zwanzig Jahren», und brachte folgende Argumente vor, «warum das der richtige Weg» sei: Europa sei schon heute in vielen Bereichen des Handelns geeint. Es gebe seit 2003 eine europäische Sicherheitsstrategie, die als Reaktion auf die amerikanische Strategie entwickelt worden sei. «Kein Land der Welt kann die Probleme der Welt im Alleingang lösen.» Es gebe in Europa ein Fundament für Zusammenarbeit im aussenpolitischen Bereich. «Wir sollten die gemeinsamen Interessen formulieren, denn Zusammenarbeit ist die einzige Strategie für die Zukunft, den Frieden zu erhalten.» Ausserdem seien die 27 Einzelarmeen der EU-Staaten zu teuer und weniger effektiv als eine vereinte europäische Armee. Aber: «Wir sollten den Weg gehen, weil wir wollen, nicht aus finanzieller Not.» Europa, der Willenskontinent? Ja, denn schon würden einzelne Staaten ihre Fähigkeiten bündeln, so sei auch die deutsche Bundeswehr «von Anfang an eine Bündnisarmee» gewesen. Aber Probleme verschwieg Bartels nicht, vor allem die Abgabe von Souveränität der Nationalstaaten zugunsten des Ganzen nannte er, wog diesen Souveränitätsverlust aber mit dem Plus des Euro auf. «Jedes Land muss sich mit allen absprechen.» Der zweite Referent, Thomas Bauer aus München, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Sicherheits- und Verteidigungspolitik am Centrum für angewandte Politikforschung, war als Gegner einer gesamteuropäischen Streitmacht angekündigt gewesen, sagte als erstes jedoch: «Auch ich bin ein Befürworter einer europäischen Armee. Aber nicht zu diesem Zeitpunkt!» Denn es gebe dafür gegenwärtig in Europa keine Basis, es herrsche unter der Bevölkerung geradezu eine Europaverdrossenheit, «nur 13 Prozent sehen in einer solchen Armee einen Stärkezuwachs, und nur 49 Prozent in den Armeen stehen hinter der Idee Europa.» Ausserdem wisse niemand, was eine europäische Armee sei. «Ein NATO-Pfeiler, eine Armee des Brüsseler Parlaments? Es gibt keinen Konsens!» Und an Bartels, den Politiker, gewandt: «Sie müssen runter an die Basis und den Menschen erklären, warum die Idee so wichtig ist, Sie müssen ein Momentum erzeugen, um die Idee einer EU-Armee durchzusetzen!» Bartels fragte, ob auch die Schweiz «in dreissig Jahren» dabei sein könnte, und sagte auf das verblümte Nein: «Auch die, die nicht teilnehmen, können es eine gute Sache finden, wenn andere es machen.»

Feierliche Kranzniederlegung

Dann ging man nach draussen zum Soldatendenkmal, wo die Zürcher Miliz Compagnie 1861 «Ich hatt einen Kameraden» intonierte, nachdem der slowenische Oberst Bojan Potro?cnic, Präsident der Gaminger Initiative, im Beisein von Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel und zahlreichen hohen Militärs einen Kranz zu Ehren der Opfer des Zweiten Weltkriegs niedergelegt hatte. Hauptmann a. D. Pfarrer Paulus Bachmann, Schaffhausen, sprach, betete und sagte: «Selig sind die Friedensstifter.»

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