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Nicht nur die Quote

Schaffhauser Nachrichten, 14.07.2007 von Erwin Künzi

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Kommentar am Wochenende zur Maturitätsquote

``Die Bildung ist der einzige Rohstoff der Schweiz.`` Dieser Satz taucht in den politischen Diskussionen der letzten Jahre immer wieder auf. Und er leuchtet auch ein. Nur wenn wir die geistigen und intellektuellen Kapazitäten unseres Volkes optimal fördern und einsetzen, haben wir als Kleinstaat in einer globalisierten Welt eine Chance, uns zu behaupten. Um diesen «Rohstoff» zu fördern, ist der Staat auch bereit, viel Geld auszugeben. So beschloss zum Beispiel der Ständerat im letzten Monat, zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008 bis 2011 21,2 Milliarden Franken aufzuwenden, was einem jährlichen Wachstum der Bildungsausgaben von sechs Prozent entspricht. Einzelne Parteien waren sogar bereit, einem noch stärkeren Wachstum zuzustimmen.

Nur St. Gallen, Aargau, Glarus und Appenzell Innerrhoden schlechter

Bildung ist also wichtig, und da macht es sich nicht gut, wenn bekannt wird, dass der Kanton Schaffhausen bei der Maturitätsquote schlecht abschneidet, und das schon seit Jahren. Diese Quote wird vom Bundesamt für Statistik erhoben. Dieses vergleicht den Anteil der Personen pro Kanton, die ein Maturitätszeugnis erworben haben, und zwar gemessen an der 19-jährigen ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz. Die jüngsten Zahlen dieses Vergleichs - sie stammen aus dem Jahr 2005 - zeigen, dass der Kanton Schaffhausen mit einer Quote von 14,5 Prozent unter dem schweizerischen Durchschnitt von 18,9 Prozent liegt. Unter allen 26 Kantonen belegt er den fünftletzten Platz, einzig St. Gallen, Aargau, Glarus und Appenzell Innerrhoden weisen proportional noch weniger Maturandinnen und Maturanden als Schaffhausen auf. Und das geht schon seit einigen Jahren so: Seit 2002 liegt die Schaffhauser Quote unter dem Durchschnitt.
Was läuft da schief, ist man geneigt zu fragen. Doch bevor unser gesamtes kantonales Bildungssystem in Frage gestellt wird, lohnt es sich, diese Statistik etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Die erste Frage wäre, ob in der ganzen Schweiz die gleich schwierigen oder leichten Maturitätsprüfungen absolviert werden müssen. Da hier die Kantone Spielraum haben, ist das nicht der Fall. Wer die Anforderungen etwas lockert, kommt so zu mehr erfolgreichen Maturanden und damit in der Statistik zu einer besseren Quote.

Niedereres Niveau in den naturwissenschaftlichen Fächern

Dass dies nicht nur eine Vermutung ist, kann unsere Kantonsschule bezeugen. Sie unterhält ein Austauschprogramm mit dem Kanton Waadt. Schülerinnen und Schüler aus dem Welschland besuchen den Unterricht in Schaffhausen. Dabei stellen die Lehrkräfte fest, dass das Niveau der Austauschschüler vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern und in Mathematik unter demjenigen ihrer Schaffhauser Kollegen liegt. Dafür belegte der Kanton Waadt in der Statistik für 2005 den dritten Platz und liegt mit 25,7 Prozent weit über dem Durchschnitt.

Ein attraktives und breit gefächertes Angebot

Und dann gilt es noch eine andere Frage zu stellen: Gibt denn nur die Maturitätsquote Auskunft über den Bildungsstand eines Kantons? Müsste man sich nicht vielmehr auch fragen, wie viele dieser Maturanden nachher erfolgreich ein Studium abgeschlossen haben? Und was ist mit denen, die ihre Matur nicht an einem Gymnasium erworben haben, sondern im Besitz einer Berufs- oder Fachmatur sind? Gerade in diesem Bereich verfügt der Kanton Schaffhausen über ein attraktives und breit gefächertes Angebot, das die Durchlässigkeit garantiert. Es führen also viele Wege nach Rom beziehungsweise an die Universität. Diese ist aber, und das ist ein weiterer wichtiger Punkt, nicht das einzige erstrebenswerte Ziel innerhalb der schweizerischen Bildungslandschaft. Ebenso wichtig sind gut ausgebildete Berufsleute. Neben den Ingenieuren, die das neue «Alinghi»-Boot berechnen, braucht es die Handwerker, die es bauen und seine Segel herstellen können. Oder um ein Beispiel aus der Nähe zu nehmen: Die IWC benötigt für ihren weltweiten Erfolg nicht in erster Linie Akademiker, sondern Uhrmacher, die auf höchstem Niveau arbeiten können.
So ist die Maturitätsquote nur ein Indikator für den Zustand des Bildungswesens in einem Kanton. Man tut gut daran, den Fokus nicht nur darauf, sondern auch auf alle anderen Aspekte zu richten, die in diesem Bereich wichtig sind.
«Die Maturitätsquote ist nur ein Indikator für den Zustand des Bildungswesens in einem Kanton»

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