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Nein zur Steuersenkungs-Initiative

Schaffhauser Nachrichten, 18.09.2012 von Zeno Geisseler

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Mit deutlichem Mehr lehnt der Kantonsrat die «Steuern runter!»-Initiative der Jungfreisinnigen ohne Gegen-vorschlag ab. Entschieden ist damit aber noch nichts.

Woran merkt man, dass Wahlen anstehen? Daran, dass an der letzten Parlamentssitzung vor dem grossen Wahlsonntag die Reden spritziger und geschliffener als sonst ausfallen. Und dass die eine oder andere Person nicht nur zur Sache spricht, sondern gleich auch noch ihr persönliches Grundsatzprogramm für die Galerie und zuhanden des Protokolls verkündet. Man weiss ja nie.

So war es auch gestern im Kantonsrat. Das Haupttraktandum war wie geschaffen für einen Schlagabtausch der grundsätzlichen Art. Zu diskutieren war die «Steuern runter!»-Initiative der Jungfreisinnigen. Diese fordert, dass der Steuerfuss deutlich gesenkt wird (siehe Kasten). Das Parlament hat zu dieser Initiative zwar nicht viel zu sagen, sie wird so oder so vors Volk kommen. Gestern aber ging es darum, ob der Rat sie zur Annahme oder zur Ablehnung empfiehlt und ob zu der Vorlage ein Gegenvorschlag ausgearbeitet werden soll. Die Regierung hatte bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie die Initiative ablehnt und auch nicht daran denkt, einen Gegenvoranschlag auszuarbeiten. Für Steuersenkungen gebe es schlicht keine Luft derzeit. Ganz ausgeschlossen sind weitere Entlastungen allerdings nicht. Denn langfristig bleibt die Regierung beim strategischen Ziel, die Steuern dem Niveau der Zürcher Nachbarschaft anzunähern. Aber eben: langfristig. «Zuerst müssen wir den Haushalt in Ordnung bringen. Dann sehen wir weiter», sagte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel.

«Tiefe Steuern sind nicht alles»

Damit rannte die Regierungsrätin offene Türen ein. Heinz Brütsch (FDP, Büttenhardt) sagte, «statt Steuern zu senken, sollte unser Ziel lauten: keine Steuererhöhungen, keine neuen Steuern und keine höheren Gebühren». Auch für Grossprojekte, betonte Brütsch mit Blick auf die anstehende Erneuerung des Spitals, dürfe es keine neuen Abgaben geben. Im Übrigen gebe es Studien, wonach andere Faktoren viel wesentlicher für die Lebensqualität seien als tiefe Steuern. An diese Aussage dürfte die FDP bei künftigen Budgetdebatten sicher noch erinnert werden. Dann ergriff Matthias Freivogel (SP, Schaffhausen) das Wort. Der plädoyergestählte Rechtsanwalt hielt rhetorisch die mit Abstand beste Rede der gestrigen Sitzung. «Die Initiative ist unnötig, unzeitgemäss, unausgewogen und unsolidarisch. Das Einzige, was sie nicht ist: unzulässig. Leider.» «Gouverner, c’est prévoir», sagte Freivogel, und dazu gehöre eben auch, nicht nur bis zur Nasenspitze zu denken. «Wollen wir einen Polizeichnorz im Klosterviertel? Wollen wir weiterhin Atomstrom? Wollen wir ein altes Spital, das immer älter wird?» Beim Steuerwettbewerb sei ein «race to the bottom» ruinös. «Steuern müssen so tief sein wie möglich, aber so hoch wie nötig.» Deshalb lehne seine Fraktion auch einen allfälligen Gegenvorschlag ab. «Unsinn bleibt Unsinn, auch wenn er abgeschwächt wird.» Anschliessend war Christian Ritzmann (JSVP, Schaffhausen) am Zug. Er hatte der Regierung in der Vergangenheit schon harte Worte entgegengeschleudert, doch gestern gab er sich staatstragend: «Unsere Fraktion steht geschlossen hinter der Steuerstrategie der Regierung. Die Kantonsfinanzen sind kein Spielplatz für Experimente.» Ritzmann geisselte die «realitätsferne Steuersenkungswut». «Unsere Fraktion ist im Prinzip auch für Steuersenkungen, aber nicht für Kahlschläge.» Deshalb werde sie auch einen Gegenvorschlag ablehnen. Er schloss mit der Bemerkung, «die Initiative ist kompromisslos und radikal», was man auf Urheberseite wohl auch als Kompliment auffassen kann. Bernhard Egli (ÖBS, Schaffhausen) fügte hinzu, dass man nicht bloss immer die Steuern vergleichen dürfe. «Für eine 4,5-Zimmer-Wohnung bezahlt man in Zürich 3200 Franken pro Monat, bei uns 1600.» Dass höhere Steuern einen Kanton weniger attraktiv machten, sei eine Fehlinterpretation.

Vergleichsweise kleine Kürzung

Schliesslich ergriff mit Florian Hotz (JFSH, Schaffhausen) ein Vertreter der Initianten das Wort. «Wir haben in den letzten zehn Jahren dreimal mehr gespart, als wir jetzt in acht Jahren erreichen wollen.» Hotz warb dafür, wenn schon nicht für die Initiative, dann aber doch für einen moderateren Gegenvorschlag einzustehen. «Man kann nicht sagen, man verfolge die Steuerstrategie weiter, und lehnt gleichzeitig den Gegenvorschlag ab.» Christian Heydecker ergänzte, dass ein allfälliger Gegenvorschlag ja sowieso zuerst ausgearbeitet werden müsste. Dann wurde abgestimmt. Zuerst ging es darum, ob es einen Gegenvorschlag geben sollte. Dies wurde mit 37:13 Stimmen abgelehnt. Noch deutlicher, mit 43:4 Stimmen, entschied der Rat, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Jetzt kann das Volk über die Initiative entscheiden. Die Abstimmung ist für den 3. März 2013 terminiert.

«Steuern runter!» Inhalt, Gegenvorschlag

Die Initiative «Steuern runter!» wurde von den Jungfreisinnigen Schaffhausen eingereicht. Sie verlangt, dass der kantonale Steuerfuss während fünf Jahren um je zwei Prozentpunkte pro Jahr gesenkt wird, erstmals 2013. Auswirkungen Laut Regierung betragen die Mindereinnahmen bei Annahme zwischen 4,7 Millionen Fr. (2013) und 26,2 Mio. Fr. (2017). Ist das viel oder wenig? Zur Einschätzung drei Vergleiche: 1. Der Kanton rechnet für das Jahr 2013 mit Einnahmen von rund 640 Mio. Fr., davon sind rund 309 Mio. Fr. Steuern. 2. Das Entlastungsprogramm ESH 3 soll den Haushalt jährlich um 24,7 Mio. Fr. entlasten. 3. Zwischen 2001 und 2010 wurden die Steuern jedes Jahr gesenkt, die jährlichen Entlastungen betragen 75,6 Mio. Fr. Gegenvorschlag Gestern im Rat wurde folgende Variante besprochen: Reduzierung Steuerfuss während 6 (statt 5) Jahren, mehr Flexibilität (keine jährliche Minimalsenkung, nur das Endziel zählt) sowie statt Reduktion des Steuerfusses eine Anpassung des Steuergesetzes, also auch hier mehr Flexibilität.

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