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Man kann seine Meinung nicht passiv kundtun
Schaffhauser Nachrichten, 20.11.2010 von Zeno Geisseler
Ursula Hafner-Wipf
Was die Regierung als Gremium sagt und was die einzelnen Regierungsräte über eine Sache denken, muss nicht immer deckungsgleich sein. Doch in der Regel äussern Regierungsmitglieder ihre abweichenden Meinungen nicht. Anders im Fall der Steuer-Initiative der SP: SP-Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf hat sich an einer Medienkonferenz ihrer Kantonalpartei gestern wie angekündigt deutlich von der Haltung der Regierung distanziert.
Dieser öffentliche Auftritt war bereits im Vorfeld kritisiert worden, Regierungspräsident Erhard Meister (SVP) hatte seiner Kollegin im SN-Interview vorgeworfen, eine Abmachung zu brechen. Sie habe zwar die Erlaubnis erhalten, im Gegenkomitee mitzuwirken, nicht aber aktiv aufzutreten. Hafner-Wipf konterte: «Wie kann man seine Meinung passiv kund tun? Das geht gar nicht.» SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr ergänzte, «was Frau Hafner getan hat, war im Rahmen des Augenmasses». Letztlich sei es auch eine Frage der Gerechtigkeit. «SVP-Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel hat sich auch zum Schlachtross des gegnerischen Komitees machen lassen und ist an vorderster Front aufgetreten», sagte Fehr. Es sei unverständlich, warum sich ein Regierungsmitglied derart zum gleichen Thema engagieren könne, ein anderes aber nicht. Laut Hafner-Wipf ist es inzwischen im Regierungsrat übrigens zu einem klärenden Gespräch gekommen, und man sei zu einem Ergebnis gelangt. Zu welchem, wollte sie jedoch nicht sagen.
«Völlig aus der Luft gegriffen»
Das eigentliche Thema der gestrigen Medienkonferenz war die in den Augen der SP «äusserst einseitige Stellungnahme der Regierung» zur Initiative. So sei es völlig aus der Luft gegriffen, zu behaupten, die Vorlage treffe nicht nur die Gutverdienenden und Vermögenden, sondern auch die übrigen Steuerzahler. «Es steht ganz klar im Initiativtext», sagte Fehr, «dass die Regelung nur für alleinstehende Personen mit steuerbaren Einkommensteilen über 250 000 Franken und für steuerbare Vermögensteile über zwei Millionen Franken zur Anwendung kommt.» Matthias Freivogel, der steuerpolitische Sprecher der SP-Fraktion im Kantonsrat, sagte, dass gemäss Steueramt bloss 130 Steuerzahlende im ganzen Kanton davon betroffen seien. Das sei nur ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung. Und: «Der Mittelstand ist nicht tangiert.» Ob das Stimmvolk der Initiative zustimmt, wird sich weisen. Sicher ist, dass das Thema Steuern Stimmbürger und Regierung noch länger beschäftigen wird: Die linke Initiative zur Abschaffung der Pauschalsteuer für vermögende Ausländer ist vor wenigen Tagen zustande gekommen, zudem plant die Regierung weitere steuerliche Anpassungen. Diese unterstützt - mit Vorbehalten - übrigens auch SP-Regierungsrätin Hafner-Wipf: «Ich trage die Steuerpolitik des Kantons Schaffhausen mit. Aber nur so weit, als auch die Gerechtigkeit besteht, dass man nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird.»