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Leere Taschen im Kanton Schaffhausen

Schaffhauser Nachrichten, 21.03.2015 von Zeno Geisseler

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Muss der Kanton Schaffhausen für 2015 ein neues Budget ausarbeiten? Darüber stimmt das Volk in drei Wochen ab. Es mag zwar gute Gründe geben, das heutige Budget abzulehnen, trotzdem wäre ein Nein ein Fehler.

Zum ersten Mal, soweit bekannt, ist im Kanton Schaffhausen gegen einen Staatsvoranschlag das Referendum ergriffen worden. Deshalb kann das Schaffhauser Volk am 12. April nun die Frage beantworten, ob es das Budget 2015, vorgelegt von der Regierung und angepasst vom Kantonsrat, gutheissen will oder nicht. Den Urnengang durchgesetzt haben SP und Juso. Sie stören sich vor allem an den Kürzungen in der Pflege und in der Bildung, aber auch am Abbau von Arbeitsplätzen. Während der Budgetdebatte im Kantonsrat hatten SP und Juso zahlreiche Anträge gestellt, um diese Bereiche von Sparbemühungen auszunehmen, sie unterlagen aber gegen die bürgerliche Mehrheit. Innert kurzer Zeit sammelte die Linke in der Folge fast 1500 Unterschriften für ein Referendum gegen dieses «Kahlschlagbudget», nötig gewesen wären 1000.

Wer Nein zum Budget sagt, kann damit Einsparungen nicht verhindern

Die Redaktion der «Schaffhauser Nachrichten» begrüsst es stets, wenn der Souverän als höchste Instanz über wichtige Fragen an der Urne entscheiden kann. Dies ist auch hier der Fall. Dass die Verwaltung bis zum Entscheid ohne Budget nur eingeschränkt funktionieren kann, darf jedenfalls nicht als Argument gegen ein Referendum herhalten. Denn geriete der Staat bei einem Budgetreferendum in existenzielle Nöte, wäre dieses Instrument gar nicht im Gesetz vorgesehen. Auf den Stimmzettel schreiben, dies empfehlen die «Schaffhauser Nachrichten» den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, sollte man aber ein Ja zum Budget. Es ist unbestritten, dass der Kanton Schaffhausen aus seiner misslichen Finanzlage kommen muss. Dies geht aber nicht ohne Einsparungen und Leistungsabbau. Ein Staat tätigt – hoffentlich! – nur Ausgaben, die schmerzlich vermisst werden, wenn sie gestrichen werden. Und da vier von fünf Staatsfranken in den drei Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales ausgegeben werden, ist auch klar, dass dort am meisten gespart werden muss.

Ständig von einem Kahlschlag zu sprechen, ist völlig fehl am Platz

Das Ja der SN heisst nicht, dass wir jeden Budgetposten vorbehaltlos gutheissen, namentlich die temporäre Erhöhung des Steuerfusses ist unschön. Aber nun gilt es, den Kanton wieder auf die Beine zu bekommen, und das vorgeschlagene Budget ist im Grossen und Ganzen der richtige Weg zur Gesundung. Jenen aber, die ständig von einem Kahlschlag sprechen, sei ein Blick in alte Staatsrechnungen empfohlen. 2009, vor gerade mal sechs Jahren, gab der Kanton noch 627 Millionen Franken aus. 2015 sind, trotz Entlastungsprogramm 2014, 673 Millionen Franken Ausgaben budgetiert. Im grossen Wald der Staatsausgaben sind keine Bäume geschlagen worden, es sind ein paar prächtige Exemplare nachgewachsen. Zum Budgetreferendum gilt es allerdings zu beachten, dass es etwas anders funktioniert als eine gewöhnliche Volksabstimmung wie etwa über ein Gesetz. Lehnt das Volk ein Gesetz ab, dann sind die Konsequenzen klar: Das im Gesetzestext Geforderte darf nicht umgesetzt werden. So erging es zuletzt dem Energieförderrappen, dem das Volk den Stecker zog. Lehnt das Volk hingegen ein Budget ab, dann heisst dies nicht, dass alles, was im Budget vorgesehen war, automatisch vom Tisch ist. Stattdessen geht das Budget einfach zurück in die Regierung, diese arbeitet eine neue Fassung aus, welche dann in den Kantonsrat kommt. Nun sind aber sowohl die Regierung als auch das Parlament politisch nach wie vor gleich zusammengesetzt wie vor dem Referendum. Es dominiert also die bürgerliche Mehrheit, und diese kann mit dem Budget machen, wie ihr beliebt beziehungsweise wie es dem Volkswillen entspricht. Doch was ist überhaupt der Volkswille? Auf dem Stimmzettel kann man seine Meinung nur mit «Ja» oder «Nein» kundtun. Für eine Ablehnung gibt es viele Gründe – den einen stören die Sparmassnahmen in der Bildung, der andere lehnt sich gegen höhere Steuern auf. Ein Dritter wiederum findet, die Löhne der Staatsangestellten seien zu tief, ein Vierter meint, sie seien viel zu hoch. Sie alle können ausser eines Neins nichts weiter auf den Stimmzettel schreiben. In einer unheiligen Allianz könnte so eine Masse von Neinsagern das Budget kippen. Genau dies ist im Kanton Aargau passiert: Dort ist ein Sparpaket an der Urne gescheitert. Zu viele Jäger sind des Hasen Tod. Doch was passiert nun, wenn es auch in Schaffhausen zu einer Ablehnung kommt? SP und Juso werden mit einer gewissen Berechtigung argumentieren, dass jedes Nein in ihrem Sinne gewertet werden müsse. Schliesslich waren sie es, welche das Referendum zustande gebracht hatten, und zwar mit klaren Forderungen. Wer das Referendum unterschrieb, wusste, wofür. Dieses Argument ist zwar moralisch bindend, nicht aber politisch oder gar juristisch. Das bedeutet: Die Bürgerlichen könnten durchaus in Versuchung kommen, die im alten Budget versprochene Lohnerhöhung zu kippen und die temporäre Erhöhung des Steuerfusses gleich auch noch. Die vereinigte Linke müsste machtlos zusehen, wie die bürgerliche Übermacht das Budget filetiert. So gesehen macht ein Budgetreferendum nur in Wahljahren Sinn und auch nur dann, wenn es zu einer Kräfteverschiebung gekommen ist. In diesem Fall kann man mit einem Referendum das Budget, das noch vom alten Parlament beschlossen wurde, ins neue Jahr retten und dort dann unter anderen Kräfteverhältnissen ein neues Budget ausarbeiten. Dies ist in Schaffhausen aber jetzt nicht der Fall.

Argumente Pro

Es ist sinnvoll, dem Budget zuzustimmen, weil ein Ja dazu beiträgt, dass der Kanton möglichst bald wieder schwarze Zahlen schreibt. Das Budget ist zudem ein akzeptabler Kompromiss. Ein Nein könnte weitere Verschärfungen zur Folge haben.

Argumente Contra

Ein Nein ist ein wichtiges Signal an die Regierung und das Parlament, dass die Bevölkerung mit dem Entlastungsprogramm nicht zufrieden ist. Ausserdem kann bei einem Nein das Budget 2015 den aktuellen Umständen angepasst werden.