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Kantonsrat auf der Jagd nach Einsparungen

Schaffhauser Nachrichten, 18.11.2014 von Zeno Geisseler und Saskia Baumgartner

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Die Steuererhöhung hat die Budgetdebatte im Kantonsrat relativ kurz geprägt. Viel länger diskutiert worden ist über eine umstrittene Behörde: die KESB.

In einer Marathonsitzung, die von acht Uhr bis nach 22 Uhr dauerte, hat der Schaffhauser Kantonsrat gestern das Budget 2015 des finanziell gebeutelten Kantons beschlossen. Der wichtigste Punkt, oder jedenfalls der, den die Bürger am direktesten spüren werden, war ganz am Schluss der Sitzung an der Reihe: eine Erhöhung des Steuerfusses. Die Regierung hatte vorgeschlagen, den Satz von 112 auf 115 Prozent anzuheben. Diese Massnahme hat indirekt mit dem Entlastungsprogramm 2014 zu tun: Weil dieses erst im Rechnungsjahr 2017 mit seinen ganzen 40 Millionen Franken einschlägt, hatte der Regierungsrat vorgeschlagen, als Defizitbrücke den Steuerfuss temporär um drei Punkte anzuheben. Dies als Alternative zur Aufnahme von Fremdkapital, das verzinst werden muss. Drei Prozentpunkte entsprechen Steuereinnahmen von 7,2 Millionen Franken.

Dass das Parlament diese Erhöhung nicht einfach so hinnehmen würde, war absehbar: Immerhin hatte der bürgerlich dominierte Rat schon ein Jahr zuvor der Regierung eine Steuerfusserhöhung verweigert. Gestern gesellten sich zum regierungsrätlichen 3-Punkte-Antrag noch mehrere weitere. Die Geschäftsprüfungskommission war der Ansicht, dass zwei Punkte genügen, namens seiner Fraktion wiederum stellte Walter Vogelsanger (SP, Beggingen) einen Antrag auf eine Verdoppelung auf sechs Prozentpunkte. Marcel Montanari (JFSH, Thayngen) schliesslich beantragte, den Satz gar nicht erst anzutasten. Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel versuchte in der Eintretensdebatte, die Erhöhung in Perspektive zu setzen. Sie führte aus, dass die Anhebung des Steuerfusses für die meisten Steuerzahler nur geringe Auswirkungen habe: «Für 78 Prozent aller Schaffhauser Steuerzahler kommt die Steuerfusserhöhung höchstens den Ausgaben für ein nettes Nachtessen gleich», sagte sie. Selbst für Leute, die über eine Million Franken versteuerten, mache die Mehrbelastung nur gerade 2970 Franken aus. «Wir sind der Meinung, die Massnahme ist für alle verkraftbar», sagte sie. Montanari verteidigte seinen Antrag, keine Erhöhung, so: «Mir ist eine Steuererhöhung doch ein bisschen verfrüht. Wenn wir wirklich wollen, bringen wir eine schwarze Null auch ohne Steuererhöhung hin.» SP-Vertreter Vogelsanger hingegen sagte: «Wir müssen dafür sorgen, unseren Kindern keinen Schuldenberg zu hinterlassen.» Finanzdirektorin Widmer Gysel gab zurück, die drei Prozentpunkte der Regierung seien ein valabler Kompromiss. «Nächstes Jahr befinden wir ja dann wieder neu», sagte sie. Nach diversen Ausmarchungen landete der Kantonsrat dann aber eine Stufe tiefer: bei den zwei Prozentpunkten mehr, welche die GPK vorgeschlagen hatte.

0,8 Prozent Lohnerhöhungen

Der zweite wichtige Punkt am gestrigen Abend waren die Lohnerhöhungen für das Staatspersonal. Die individuellen, leistungsabhängigen Erhöhungen von 0,8 Prozent gaben bereits im letzten Jahr zu reden. Gestern machten sich verschiedene Kantonsräte erneut für eine Erhöhung der Löhne stark. Finanzdirektorin Widmer Gysel sagte, dass diese nötig sei, um die Fachkräfte zu halten. «Manchmal genügen gute Worte und Dank nicht, sondern diese Menschen müssen die Anerkennung in Form von ein paar Franken spüren.» Richard Bührer (SP, Thayngen) fand gar, die Anerkennung sei nicht hoch genug, und forderte eine Lohnerhöhung von 1 Prozent. Bührers Antrag fand jedoch keine Mehrheit. Genauso wenig wie der von Andreas Schnetzler (EDU, Gächlingen), welcher eine komplette Streichung des Betrages forderte.

Kampf um mehr KESB-Personal

Der wohl am meisten umkämpfte Punkt bei der gestrigen Sitzung war die von Regierung und Geschäftsprüfungskommission (GPK) beantragte Aufstockung des Personals der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) um drei Stellen. Ausgelöst durch einen Antrag von Samuel Erb (SVP, Schaffhausen) – der zunächst nur einen Teil der Aufstockung streichen wollte –, geriet diese Personalerhöhung zur Grundsatzdebatte. «Das System hat früher tadellos funktioniert. Das Bundesparlament setzte stattdessen aber angebliche Experten und Profis ein», so Erb. Der SVP-Kantonsrat erklärte, dass man ein Zeichen setzen müsse. Bernhard Müller (SVP, Thayngen) pflichtete Erb bei. «Wir wissen, woher das Ganze kommt, nämlich aus Bern.» Heinz Rether (GLP, Thayngen) meinte dazu, dass man die KESB dann – wenn überhaupt – eben auch in Bern bekämpfen müsse. Es sei aber nicht akzeptabel, die jetzige personelle Unterbesetzung beizuhalten. Laut Regierungsrat Ernst Landolt habe man die KESB bewusst mit tiefen Stellenprozenten gestartet – ursprünglich seien es zehn Stellen gewesen. «Damals schon mit der Kenntnis, dass die KESB eigentlich über 16 Stellen verfügen müsste, um die Last bewältigen zu können.» Landolt erklärte, dass es zu einem Desaster führen würde, wenn man die Stellen nicht aufstockte. Er wolle diese Verantwortung nicht übernehmen. Jeanette Storrer (FDP, Schaffhausen) erklärte: «Es sind die Kinder, die letztendlich darunter leiden. Es steht zu viel auf dem Spiel.» Storrer war dennoch nicht ganz mit dem Vorgehen der Regierung zufrieden und hatte darum einen Gegenvorschlag: Sie beantragte, die Personalerhöhung auf zwei Jahre zu befristen. In der Folge entbrannte im Rat eine juristische Debatte darüber, ob ein solcher Antrag – der nicht nur 2015, sondern auch das Jahr 2016 betrifft – bei einer Budgetdebatte überhaupt möglich sei. Staatsschreiber Stefan Bilger erklärte, dass man nur Entscheidungen über das jetzige Jahr treffen könne. Die anschliessende Abstimmung zum Antrag ging – allerdings ohne rechtlichen Rahmen – zugunsten Storrers aus. Der Antrag Erbs war zuvor abgelehnt worden. Zuletzt stellte auch Mariano Fioretti (SVP, Schaffhausen) noch einen Kompromissantrag, und zwar, vorerst 1,5 Stellen für die KESB zu bewilligen. Auch dieser Antrag wurde aber abgelehnt. Schlussendlich bleibt es also bei der von der Regierung vorgesehenen Personalerhöhung von drei Stellen. Zum Zeitpunkt (21.30 Uhr) dieser Entscheidung hatte der Rat bereits einen halben Tag Budgetdebatte hinter sich. Gestartet war dieser relativ vielversprechend. Finanzdirektorin Widmer Gysel hatte gleich zu Beginn eine gute Nachricht mitgebracht: Weil die kantonale Pensionskasse einen Deckungsgrad von 104 Prozent aufweist, beschloss die Verwaltungskommission, den Stabilisierungsbeitrag an die PK zu reduzieren. Dies entlastet die Staatsrechnung um 1,64 Millionen Franken. Auch die Eintretensdebatte versprach einen guten Verlauf. Diese dauerte keine dreiviertel Stunde, worauf die Detailberatung starten konnte. Nach dem Motto «Kleinvieh macht auch Mist» stellte Till Aders (AL, Schaffhausen) einen Antrag über einen Betrag von 2500 Franken. Aders beantragte, dieses Geld für die Parkkarten autofahrender Kantonsräte zu streichen. Der Rat stimmte dem – nach einem Stichentscheid des Ratspräsidenten Martin Kessler – zu. 100 000 Franken sparen wollte Josef Würms (SVP, Ramsen) bei den Einlagen in Fonds für Integrationsmassnahmen für Ausländer (budgetiert mit 610 000 Franken). Der Antrag wurde – ohne grosse Diskussionen – knapp angenommen.

EP 2014

Florian Keller hatte bei der Eintretensdebatte bereits klargemacht: Das Entlastungsprogramm 2014 der Regierung würden nochmals hart umkämpft werden. Waren die Einsparungen für Keller zu einschneidend, waren sie für Ueli Werner (JSVP, Merishausen) dagegen noch nicht hoch genug. Er beantragte, den Beitrag an die Beschäftigungsstätten im Kanton, sprich die Altra, von 6,45 Millionen Franken um 350 000 Franken zu kürzen. Die Regierung hatte im Zuge von EP 2014 eine Kürzung des Betrages um 60 000 Franken vorgesehen. FDP-Frau Stor- rer forderte die Anwesenden dazu auf, es dabei zu belassen. «Die Altra arbeitet schon sehr kostengünstig. Man kann nicht die bestrafen, die schon kostengünstig sind.» Bei der anschliessenden Abstimmung wurde Werners Antrag deutlich abgelehnt. Auch kein Glück hatte Florian Keller. Er wollte die Sparmassnahmen der Regierung im Bereich der sozialen Einrichtungen – nebst den 60 000 Franken bei der Altra waren dies drei weitere Beträge zwischen 50 000 und 200 000 Franken – rückgängig machen. Die entsprechenden Anträge wurden jedoch abgelehnt, die Voten der linken Ratsseite reichten für eine Mehrheit nicht aus.

Originalbericht SN