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Hoffen auf Harmos

Erziehungsdirektoren im Banne kantonaler Abstimmungen

Neue Zürcher Zeitung, 23.08.2008 von rom.

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Die Erziehungsdirektorenkonferenz will sich nicht in die kommenden kantonalen Abstimmungen über die landesweite Harmonisierung der obligatorischen Schule einmischen. Dennoch wird der SVP vorgeworfen, das Thema bloss zur Selbstprofilierung aufgegriffen zu haben.

In zeitlicher Nähe zum Schulanfang nach den Sommerferien hat sich auch die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) in der Öffentlichkeit zurückgemeldet. Hauptthema der Medienkonferenz im neuen Haus der Kantone in Bern war die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule, das Harmos-Konkordat. Als erster Kanton wird Luzern am 28. September aufgrund eines Referendums der SVP über den Beitritt zum Konkordat abstimmen. Am 30. November folgen Abstimmungen in den Kantonen Thurgau, Graubünden, St. Gallen und Zürich. Auch Nidwalden steht eine Volksabstimmung bevor, während Schaffhausen, Glarus, die Waadt, Jura und Neuenburg dem Konkordat aufgrund von nicht angefochtenen Beschlüssen von Parlament beziehungsweise Landsgemeinde bereits beigetreten sind. Im Wallis läuft die Referendumsfrist noch, doch wurde dort ebenfalls auf eine Volksbefragung verzichtet.

Kritik an der SVP

Die EDK will sich zwar bewusst aus den kantonalen Debatten über Harmos heraushalten, weil die aktive Einmischung in kantonale Abstimmungskämpfe nicht Sache der EDK sei und es zudem politisch falsch wäre, wie die Freiburger Staatsrätin und EDK-Präsidentin Isabelle Chassot (cvp.) sagte. Dennoch sieht die EDK den Urnengängen mit Spannung und Zuversicht entgegen. Nach dem «Super-Sunday» von Ende November wäre, bei ausnahmslos positivem Ausgang der Abstimmungen, nämlich das Quorum von 10 Kantonen erreicht, um Harmos in Kraft zu setzen. Dann gälte das neue Schulkonkordat für die Kantone, die den Beitritt beschlossen haben. Sie hätten dann sechs Jahre Zeit, ihre Strukturen punkto Einschulung und Dauer der Schulstufen anzupassen und die Bildungsstandards anzuwenden. Später beitretende Kantone hätten sich an die gleiche Frist zu halten.


Die EDK-Präsidentin, flankiert von Kolleginnen und Kollegen aus der Waadt, aus Schaffhausen und aus dem Tessin, hielt mit Kritik an der Opposition der SVP gegen Harmos, die sich praktisch auf die Deutschschweiz konzentriert, nicht zurück. Zwar sei die öffentliche Diskussion über Harmos zu begrüssen, hingegen sei die Art der Kritik problematisch, findet Chassot. Sie warf den SVP-Politikern vor, den Inhalt des Konkordats gar nicht zu kennen und dieses für die eigene Profilierung zu instrumentalisieren. Für die Schaffhauser Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel (svp.) geht es bei Harmos lediglich darum, die Volksschule näher an die Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen. «Harmos ist eine Schulvorlage und keine Erziehungsvorlage», betonte sie. Zwar werde die Einrichtung von Tagesstrukturen wie Mittagstischen obligatorisch, ihre Nutzung durch die Eltern bleibe jedoch freiwillig. Die Eltern könnten zudem beantragen, dass ihr Kind später als mit bereits vier Jahren eingeschult werde.

Drohen mit dem Bund

Der Tessiner Erziehungsdirektor Gabriele Gendotti (fdp.) verwies auf die lange Tradition der frühkindlichen Einschulung in seinem Kanton. Heute besuchten bereits 65 Prozent der Dreijährigen den Kindergarten. Bis 2010 dürften es nach Meinung Gendottis bereits 80 Prozent sein. Im Tessin gebe es denn auch keine «ideologischen Einwände» gegen Harmos. Eher sei der Wunsch nach einem Ausbau der bereits vor Jahren eingeführten Mittagstische zu hören. EDK-Präsidentin Chassot konnte sich schliesslich eine Drohung nicht verkneifen: Sollte Harmos scheitern, werde der Bund aufgrund der neuen Bildungsartikel in der Verfassung zum Eingreifen gezwungen - sei es durch die Allgemeinverbindlicherklärung des Konkordats, sei es durch eigene gesetzliche Vorschriften in den Bereichen Schuleintrittsalter sowie Dauer und Ziele der Schulpflicht. «Das wäre dann eine tatsächliche Zentralisierung», sagte Chassot an die Adresse der Harmos-Kritiker.

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