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Hier werden die meisten Straftaten verübt

Schaffhauser Nachrichten, 05.03.2016 von Maya Armbruster

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Die Schaffhauser Sicherheitsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel.Bild Selwyn Hoffmann

Die Hälfte aller Gemeinden im Kanton Schaffhausen weist 2015 mehr Straftaten auf als im Jahr 2010.

Zuwachs an Straftaten in einzelnen Grenzgemeinden

Wie viele Straftaten gibt es im Kanton? Und wie haben sie sich über die Jahre hinweg entwickelt? Diesen Fragen sind wir für die jüngste Gemeindeseite nachgegangen. Dabei betrachteten wir die 26 Gemeinden des Kantons Schaffhausen über fünf Jahre hinweg (2010 bis 2015). Die Daten be­zogen wir aus den Kriminalstatistiken der Schaffhauser Polizei.

Untersucht haben wir die Taten, welche gegen das Strafgesetz verstiessen, etwa Brandstiftung, Mord, Diebstahl, Geldwäscherei. Die Statistik unterscheidet grundsätzlich nicht nach der Schwere des Delikts: Ein Diebstahl zählt somit genauso als eine Straftat wie ein Mord. Diese Einschränkung gilt es beim Vergleich der Gemeinden zu berücksichtigen. Weggelassen haben wir bei unserem Vergleich das Ausländergesetz und das Betäubungsmittelgesetz. Nicht betrachtet haben wir für diese Ausgabe die Gemeinden in den Kantonen Zürich und Thurgau, da für diese, im Gegensatz zu Schaffhausen, keine detaillierten Zahlen über alle Jahre vorliegen.

Vergleich über fünf Jahre

Was sind nun die Resultate? Von 26 Schaffhauser Gemeinden hat in 13 – also genau der Hälfte – die Anzahl Straftaten über die Jahre hinweg zugenommen. In zehn Gemeinden sind die Straftaten gesunken, während in den drei restlichen die Anzahl gleich geblieben ist (siehe dazu auch Tabelle). Betrachtet man den gesamten Kanton, so hat die absolute Zahl der Straftaten trotz stets steigender Einwohnerzahl abgenommen.

Vergleich nach Häufigkeitszahl

Damit ein aussagekräftiger Vergleich möglich ist, haben wir zusätzlich die Häufigkeitszahlen in den Gemeinden untersucht. Das heisst, wir haben die Zahl der Taten mit der Einwohnerzahl einer Gemeinde in ein Verhältnis gesetzt. Demnach liegt im Jahr 2010 die Stadt Schaffhausen mit einer Zahl von 72,5 Straftaten pro 1000 Einwohner an erster Stelle im Kanton. Das Schlusslicht bildet die Gemeinde Buchberg mit 3,6. Im Folgejahr belegt Hemishofen den letzten Platz, Schaffhausen führt immer noch mit 61,2. Ab 2012 belegt Bargen den ersten Platz, ausser 2014 – dort ist Schleitheim zuoberst.

Bei den Schlusslichtern ist kein Muster festzustellen; meist wechseln kleine Gemeinden, wie zum Beispiel Stetten oder ­Büttenhardt, den Platz. Auffallend ist die stark steigende Zahl in der Gemeinde Bargen. Während die Gemeinde 2010 eine Häufigkeitszahl von 32,2 aufweist, sind es im Jahr 2015 ganze 113,1. Dies könnte mit der Grenznähe zu tun haben, wie es etwa auch für Thayngen gilt (siehe Interview rechts). Allerdings sind die absoluten Fallzahlen in Bargen sehr tief.

Was beim Vergleich zu beachten ist

Bei solch einem Vergleich der Straftaten muss man Folgendes beachten: Die Genauigkeit der Daten wird unter anderem beeinflusst durch die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung und die Effizienz von Polizei und Justiz. Wie weit Veränderungen in den Kriminalitätszahlen durch welche Ursachen bedingt sind, ist in der Regel schwer zu ermitteln.

Die gefährlichsten Länder der Welt

Mord und Totschlagsind in vielen Ländern Zentralamerikas an der Tagesordnung.

Nun kennen wir die Daten zu den Gemeinden im Kanton Schaffhausen. Doch wie steht der Kanton eigentlich da verglichen mit der gesamten Schweiz? Und wie schneidet die Schweiz im weltweiten Vergleich ab?

Vergleich zwischen Kantonen

Das Bundesamt für Statistik veröffentlichte eine Veranschaulichung der Straftaten in den einzelnen Kantonen von 2014. Es werden die Anzahl Straftaten pro 1000 Einwohner aufgezeigt. Heraus kommt, dass der Kanton Genf als der kriminellste Kanton gilt, gefolgt von Basel-Stadt und Neuenburg. Der Kanton Uri macht den letzten Platz aus. Schaffhausen liegt in der zweituntersten Kategorie, bei der die Häufigkeitszahl von 40 bis 54,9 reicht.

Daten aus dem Jahr 2015, ebenfalls vom Bundesamt für Statistik, zeigen Genaueres. Hier werden grosse Städte der Schweiz miteinander verglichen. Bei den Gewaltstraftaten liegt die Stadt Schaffhausen unter dem Durchschnitt, bei den Körperverletzungen liegt sie ziemlich genau in der Mitte. In Sachen Einbrüche besetzt die Stadt den drittletzten Platz, und bei den Velodiebstählen bildet sie sogar das Schlusslicht.

Die Schweiz im globalen Vergleich

Verglichen mit den restlichen Kantonen schneidet Schaffhausen also ziemlich gut ab. Doch wie steht es eigentlich um die Schweiz, verglichen mit den restlichen Ländern dieser Welt? Eine Studie der UNODC (United Nations Office on Drugs and Crime) aus dem Jahr 2012 veranschaulicht die weltweite Situation. Sie handelt von vorsätzlichen Tötungen pro 100 000 Einwohner. Zu beachten ist, dass Tote bei bewaffneten Konflikten und Kriegen nicht mitgezählt und alle restlichen Delikte weggelassen wurden.

Die Kontinente Südamerika und Afrika weisen am meisten Delikte auf. Spitzenreiter ist Honduras, ein Staat in Zentralamerika, mit rund 90 Tötungen pro 100 000 Einwohner. Venezuela in Südamerika kommt mit 53,7 Tötungen auf den zweiten Platz, gefolgt von Belize in Zentralamerika (44,7). El Salvador (41,2), Guatemala (39,9) und Jamaika (39,3) sind die nächsten Länder auf der Liste. Am friedlichsten ist es laut dieser Studie in Europa und Ostasien. Wo aber steht die Schweiz?

Laut der UNO-Studie haben die Tötungsdelikte pro 100 000 Einwohner in der Schweiz ab dem Jahr 2000 von 1 auf 0,6 abgenommen. Diese Zahl zeigt also, wenn man die vorherig erwähnten Länder betrachtet, wie niedrig die Kriminalitätsrate in unserem Land eigentlich ist.

«Ich kann ja nicht in eine Kristallkugel blicken»

Warum eigentlich ist die Zahl der Straftaten im Kanton Schaffhausen gesunken? Sicherheitsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel führt dies auf einen nationalen Trend zurück.

Im Kanton Schaffhausen ist die Zahl der Straftaten von 2010 bis 2015 klar zurückgegangen. Was war aus Ihrer Sicht der Grund dafür?

Rosmarie Widmer Gysel:In diesem Zeitraum hat die Anzahl Straftaten auch gesamtschweizerisch abgenommen, Schaffhausen folgt also einem ­nationalen Trend. Dies ist natürlich ein erfreulicher Rückgang. Die Investitionen in die Sicherheit, vor allem auch in die gute Polizeiarbeit, und insbesondere die Präsenz durch Patrouillen im ganzen Kanton haben sich ausgezahlt.

Rechnen Sie in Zukunft mit einer ­weiteren Abnahme oder einer ­Zunahme der Straftaten?

Widmer Gysel: Es ist schwierig, dazu eine Aussage zu machen – ich kann ja nicht in eine Kristallkugel blicken. Man kann aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre aber davon ausgehen, dass eine deutliche Zu- oder auch Abnahme unwahrscheinlich ist. Aber wir hoffen natürlich, dass die Straftaten weiter zurückgehen. Wir müssen alles ­daran setzen, dass wir die Schaffhauser Polizei in ihren Bestrebungen unterstützen, damit sie mit genügend Mitteln für Ruhe und Sicherheit sorgen kann.

In Thayngen hat sich die Zahl der Straftaten fast verdoppelt, von 161 im Jahr 2010 auf 306 im Jahr 2015. Hat dies mit der Grenznähe zu tun?

Widmer Gysel: Ganz sicher, ja. Aufgrund der Einschätzung und der Erfahrungen der Schaffhauser Polizei ist dies auch auf die Aufklärungs- und Fahndungserfolge des Grenzwachtkorps zurückzuführen – wir arbeiten ja sehr eng zusammen. Das Grenzwachtkorps entdeckt diverse Fälle bei der Einreise, diese werden dann an die Schaffhauser Polizei übergeben, weshalb die Fälle dann in unserer Kriminalstatistik erscheinen. Das ist typisch für eine Gemeinde an der Grenze. Mit Thayngen selbst hat der Anstieg der Kriminalitätsrate nicht viel zu tun. Das Dorf an sich ist nicht unsicherer geworden, die Grenzwächter haben schlicht mehr Delikte aufgedeckt.

Wie schätzen Sie das momentane Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im Kanton ein?

Widmer Gysel: Die Bevölkerung fühlt sich im Kanton sehr sicher. Dies zeigen uns Rückmeldungen aus dem Volk und Untersuchungen. Es wird weiter auch deutlich aus dem Interesse, welches die Bevölkerung den Meldungen und den Öffentlichkeitsauftritten der Polizei entgegenbringt. Natürlich gibt es Momente, in denen sich eine Einzel­person nicht sicher fühlt, aber umso wichtiger ist es, dass die Leute die Polizei als Partnerin wahrnehmen und sich melden. Deshalb haben wir auch die Kampagne «Verdacht – ruf an!» durchgeführt. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung die Polizei wahrnimmt, sieht und spürt – deswegen auch die Präsenz der Patrouillen im ganzen Kanton.

Der Kanton hat ein grosses struktu- relles Defizit, alle Bereiche müssen ihren Beitrag leisten. Was heisst das für die Polizeiarbeit?

Widmer Gysel: Für uns ist es sehr wichtig, dass die Polizei ihren Grundauftrag wahrnehmen kann; da müssen wir uns anstrengen. Dies heisst natürlich auch, Prioritäten zu setzen etwa zugunsten von Patrouillen im ganzen Kanton. Beim Personal wiesen wir einen Überbestand auf. Diesen mussten wir zurückfahren. Um trotzdem die Qualität der Polizeiarbeit beizubehalten, haben wir dort gespart, wo es ­weniger wehtut. So haben wir zum ­Beispiel die Schalteröffnungszeiten ­reduziert.

Heisst Sparen bei der Polizei letztlich nicht einfach, dass weniger Delikte aufgeklärt werden?

Widmer Gysel: Nicht unbedingt. Im Kanton Schaffhausen werden im Vergleich mit der restlichen Schweiz nach wie vor überdurchschnittlich viele Fälle aufgeklärt. Straftaten zu ver­hindern, ist ein wichtiger Aspekt, ein anderer aber eben auch, so viele Straf­täter wie möglich zu erwischen. Dies müssen wir uns nach wie vor leisten.

Die Kriminalität macht keinen Halt vor Grenzen, seien es nun kantonale oder nationale. Wie gut arbeiten die Schaffhauser Behörden mit den Kollegen in den Nachbarkantonen und mit Deutschland zusammen?

Widmer Gysel: Sehr gut und eng. Man ist aufeinander angewiesen. Zum Teil erbringt die Zürcher Kantonspolizei Leistungen, zu denen wir selbst gar nicht ­imstande wären. Ich spreche hier von Untersuchungen der Rechtsmedizin und so weiter. Aber auch mit der Thurgauer Kantonspolizei funktioniert der Austausch gut. Man kann ­sagen, dass die kantonalen Polizeikorps in der Schweiz generell sehr eng zusammenarbeiten. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Das ­Gleiche gilt für das Grenzwachtkorps – man unterstützt sich gegenseitig, was auch in einem Vertrag festgelegt ist. Auch die Kooperation mit der deutschen Polizei funktioniert sehr gut. Wir pflegen die Zusammenarbeit nicht nur im Rahmen von Sitzungen, sondern vor allem auch im Rahmen von Übungen. Dies ist für beide Seiten sehr wichtig, es braucht eine starke Polizei. Alle ­Seiten profitieren davon, wenn man so gut und eng zusammenarbeitet.

Wie muss man sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit konkret vorstellen?

Widmer Gysel: Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Meldung über einen Bankraub in Singen. Die deutschen Kollegen fragten uns an, ob man ein Fahndungsbild des Täters auf die Facebook-Seite der Schaffhauser Polizei stellen könne, was wir getan haben. Dank dieser Publikation auf der Seite der Schaffhauser Polizei konnte der Täter schliesslich gefunden werden.

Frau Regierungsrätin, besten Dank für dieses Gespräch.

Originalbericht SN