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Gutes Gesetz mit Verbesserungspotential

Abstimmungen vom 8. Februar SN-Parolen zum Bildungs- und Schulgesetz

Schaffhauser Nachrichten, 24.01.2009 von Erwin Künzi

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Das neue Schulgesetz enthält viele Elemente, die das Bildungswesen in die richtige Richtung führen, andere tun dies nicht.

Änderungen im Schulwesen sind im Kanton Schaffhausen traditionell stark umstritten. Das ist auch beim Bildungs- und vor allem beim Schulgesetz so, die am 8. Februar zur Abstimmung kommen. Um was geht es? Das aus dem Jahr 1981 stammende Schulgesetz soll ersetzt werden. Ziel dieses neuen Gesetzes ist es, so wird es im Abstimmungsmagazin formuliert, für alle Kinder im Kanton ein vollständiges Bildungsangebot in guter Qualität sicherzustellen und Synergien zu nutzen. Das soll durch die Bildung von Schulverbänden geschehen, die jeweils mindestens 450 Kinder umfassen. In diesen Verbänden organisieren sich die beteiligten Gemeinden selber in verschiedenen Gremien, die die Mitbestimmung der einzelnen Mitglieder sicherstellen. Die operative Führung geschieht durch eine Schulverbandsleitung. In den verschiedenen Schulen übernehmen Schulleiter neben administrativen auch noch andere Aufgaben, zum Beispiel in der Personalführung und -beurteilung. Diese Schulleiter wiederum sind in jedem Schulverband einem Rektor unterstellt. In allen Schulen soll die Integrative Schulform (ISF) eingeführt werden. Damit kann nicht zuletzt die im schweizerischen Vergleich hohe Zahl von Schülerinnen und Schülern in Sonderklassen abgebaut werden. Die Gemeinden können, wenn sie wollen und ein Bedarf vorhanden ist, Tagesstrukturen mit Aufgabenhilfen einführen. Sie werden dabei vom Kanton finanziell unterstützt. Die Finanzierung des Schulwesens wird neu geregelt: Beteiligte sich der Kanton bisher an den Lehrerbesoldungen, so zahlt er neu Schülerpauschalen, in denen auch Beiträge für geleitete Schulen enthalten sind. Dadurch entstehen Mehrkosten; für den Kanton sind es 2 Millionen Franken, für die Gemeinden 2,4 Millionen Franken. Da aber verschiedene Gemeinden heute schon für geleitete Schulen zahlen, reduziert sich der Gemeindebetrag auf 1,4 Millionen Franken.

Dieses Gesetz, dessen wichtigste Elemente eben kurz skizziert wurden, wird von grossen Teilen der Lehrerschaft sowie Vertretern aus verschiedenen Gemeinden vehement abgelehnt. Sie bemängeln, dass das Gesetz zu einer Überverwaltung führe: Die Schulverbände mit den verschiedenen Gremien, die Schulleitungen mit ihren Mindestpensen von 50 Prozent sowie die übergeordneten Rektoren würden viel kosten, der Schule direkt aber nichts bringen. Vor allem kleinere Gemeinden befürchten, im Schulwesen nichts mehr zu sagen zu haben und ihre Schule zu verlieren. Andere Gemeinden, etwa Stein am Rhein, argumentieren, alles, was das Schulgesetz wolle, hätten sie bereits. Das Gesetz sei für sie deshalb unnötig. Viele Lehrkräfte sehen die Schulleitungen und die übergeordneten Instanzen nicht als Hilfe, sondern als Instrument der Gängelung. Zudem empfinden sie die Abschaffung der Ortszulagen als Lohnabbau und damit als Zeichen der Geringschätzung ihrer Arbeit.

Nicht alle Argumente der Schulgesetzgegner sind nachvollziehbar

Nicht alle diese Argumente sind nachvollziehbar. So droht vor allem kleineren Gemeinden auch ohne das neue Schulgesetz der Verlust der eigenen Schule, da die Schülerzahlen zurückgehen und der Kanton über die Lehrerbesoldung weitgehend bestimmt, wann Klassen aufgehoben werden und wann nicht. Auch kaum haltbar ist das Argument, mit dem neuen Schulgesetz könne man nicht mehr über das eigene Schulwesen entscheiden. Bereits heute müssen kleinere Gemeinden vor allem auf der Sekundarstufe Kinder in die Nachbargemeinden schicken. Diese sagen dann, was das pro Schüler kostet; eine Mitbestimmung gibt es nicht. Beim Argument, man habe ja schon eine Schulleitung und brauche dafür das neue Gesetz nicht, müsste genauer definiert werden, was unter einer Schulleitung zu verstehen ist. Unter dieser Bezeichnung segeln bisher auch erweiterte Vorsteherschaften in einem Schulhaus mit wenigen Entlastungsstunden. Was die Ortszulagen der Lehrerschaft angeht, so ist festzuhalten, dass nach einer allfälligen Annahme des Schulgesetzes keine einzige Lehrperson weniger verdient als vorher. Neben diesen Argumenten gibt es aber auch andere, die gewichtiger sind. So sind alle Gemeinden - mit Ausnahme von Buchberg und Rüdlingen, die einen eigenen Schulverband bilden können - praktisch gezwungen, sich einem Schulverband anzuschliessen. Der Verdacht, dass hier durch die Hintertür die berühmt-berüchtigten Ostereier doch wieder eingeführt werden sollen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Fragen werfen auch die neuen Verwaltungsstrukturen auf, vor allem die Rektoren über den Schulleitern. Braucht es die wirklich, vor allem wenn man bedenkt, dass Verwaltungen eine Eigendynamik entwickeln, um ihre Existenz zu rechtfertigen, und dann Dinge tun, die eigentlich unnötig sind? Das dafür vorgesehene Geld könnte man besser einsetzen, zum Beispiel direkt in der Schule. Was die Lehrerschaft angeht, wurde es verpasst, sie frühzeitig ins Boot zu holen. Jetzt bekämpft sie das Gesetz, welches sie an der Front umsetzen soll; eine denkbar schlechte Voraussetzung für dessen Realisierung.

Im Falle einer Ablehnung des Schulgesetzes gibt es klare Erwartungen an die Gegner

Die Redaktion dieser Zeitung hat intensiv um eine Abstimmungs-Parole zum Schulgesetz gerungen. Nach reiflicher Überlegung spricht sie sich für ein Nein aus, aufgrund der zuletzt angeführten Argumente. Damit verbindet sie aber auch klar die Erwartung an die Gegner von SP, SVP und ÖBS mit ihrer Mehrheit im Kantonsrat, dass sie nach einer allfälligen Ablehnung nicht einfach die Hände in den Schoss legen, sondern aktiv dafür sorgen, dass die unbestrittenen Teile des Schulgesetzes möglichst rasch umgesetzt werden. Für das Bildungsgesetz, das die Grundsätze für das Bildungswesen im Kanton formuliert und dafür einen Rahmen setzt, empfiehlt die Redaktion ein Ja.

Argumente Pro

Schulverbände Sie stellen ein vollständiges Bildungsangebot in guter Qualität sicher und ermöglichen Synergien. Geleitete Schulen Professionelle Schulleitungen sorgen unter anderem für die Personalführung und -beurteilung. Integrative Schulform Mit dem neuen Schulgesetz kann sie flächendeckend eingeführt und so die Zahl der Sonderklassen reduziert werden. Tagesstrukturen Diese werden vom Kanton mitfinanziert und können von den Gemeinden bedarfsgerecht eingeführt werden.

Argumente Contra

Verwaltungsaufwand Für zusätzliche, unnötige Verwaltung werden 4,4 Millionen Franken ausgegeben. Dorfschulen Die Schulverbände führen dazu, dass kleine Gemeinden ihre Schulen verlieren. Kompetenzen Mit dem neuen Schulgesetz erhält die Regierung alle Kompetenzen im Bildungswesen. Ortszulage Mit ihrer Abschaffung erleiden drei Viertel aller Lehrpersonen eine Lohneinbusse von mehreren tausend Franken.

Quelle