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Grosse Eintretensdebatte zu ESH3

Schaffhauser Nachrichten, 19.02.2013 von Erwin Künzi und Zeno Geisseler

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Der Kantonsrat diskutierte lange und ausführlich, ob er auf das Sparpaket der Regierung eintreten wolle. Er wollte, mit 38 zu 8 Stimmen.

Seit neun Monaten liegen die Pläne der Regierung auf dem Tisch, wie der Kanton Schaffhausen bis 2016 wieder aus den roten Zahlen kommen soll. Rund 25 Millionen Franken will der Kanton pro Jahr einsparen, mit empfindlichen Folgen für gewisse Bereiche. «Für jeden Entlastungsvorschlag gibt es zahlreiche gute Gründe, weshalb gerade dieser nicht realisiert werden soll. Ich kann dies gut nachvollziehen», sagte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gestern im Kantonsrat in der Debatte des Entlastungsprogramms ESH3. «Aber wenn dort nicht gespart werden kann, dann muss man einfach andernorts sparen. Wir kommen nicht umhin, heute Entscheide zu fällen, die weh tun.»

Das «Wir» in diesem Satz war allerdings rhetorisch, denn tatsächlich fallen mit 74 Massnahmen rund zwei Drittel des Entlastungsvolumens in die Kompetenz der Regierung. Weder Parlament noch Volk können sich also dazu äussern. Dies bemängelte Werner Bächtold (SP, Schaffhausen): «In der Bevölkerung wird nicht verstanden, warum bei den 74 Massnahmen niemand korrigierend eingreifen kann.» Es gebe zwar auch sinnvolle Massnahmen, doch letztlich sei ESH3 ein «willkürlich zusammengestelltes Streichkonzert, ein Flickenteppich.» Die SP werde deshalb beantragen, die Vorlage an die Regierung zurückzuweisen. Christian Ritzmann (JSVP, Schaffhausen) meinte, dass eine Entlastung des Staatshaushaltes dringend notwendig sei. «Der Kanton darf nur so viel Geld ausgeben, wie er auch einnimmt. Aber wir müssen mit den Schaffhausern ehrlich sein: Wir müssen ihnen etwas wegnehmen, was sie heute noch erhalten, das ist schmerzhaft.» Ritzmann machte aber auch etwas anderes klar: «Steuererhöhungen kommen für meine Fraktion nicht in Frage.»

Steuer-Initiative angekündigt

Nach der Pause ging es mit den Fraktionserklärungen weiter. «Die Steuersenkungen holen uns jetzt ein», meinte Rainer Schmidig (SVP, Schaffhausen) für die ÖBS/EVP-Fraktion und bemängelte: «Anstatt alle Optionen zu prüfen, hat man sich auf das Sparen konzentriert.» Wie diese Optionen aussehen könnten, machte Schmidigs Fraktionskollegin Iren Eichenberger (ÖBS, Schaffhausen) klar: «Je nach Ausgang der Diskussion lanciert die ÖBS eine Volksinitiative zur moderaten Anhebung des Steuerfusses.» Nicht die Steuersenkungen, sondern die verschlechterte Wirtschaftslage sei schuld, dass der Kanton sparen müsse, sagte Christian Heydecker (FDP, Schaffhausen). Da die Erhöhung von Steuern und Gebühren nicht in Frage kommen, bleibe nur das Sparen. «Kürzungen müssen nicht in die Katastrophe führen, das zeigt das Beispiel des Linden-Forums, das sich jetzt nach alternativen Geldquellen umsehen will», betonte Heydecker.

«Beispielloser Kahlschlag»

Für die CVP bemängelte Theresia Derksen (CVP, Schaffhausen), beim Sparen seien keine Prioritäten gesetzt worden, zudem sollen Kosten auf die Gemeinden verschoben werden. Da ESH3 verschiedene ungeklärte Punkte aufweise, wolle es die CVP an die Regierung zurückweisen. Zu eigentlichen Brandreden setzte die Vertretung der AL an. Zuerst sprach Susi Stühlinger (AL, Schaffhausen) von einem «beispiellosen Kahlschlag», der die Schwächsten treffe. Von Opfersymmetrie gebe es keine Spur, Schwache und Familien seien betroffen, die Reichen würden privilegiert bleiben. Das Sparpaket könne erst akzeptiert werden, doppelte Till Aders (AL, Schaffhausen) nach, wenn der Beitrag der Reichen klar sei. Für Walter Hotz (SVP, Schaffhausen) hingegen ging das Sparpaket zu wenig weit: «Die Massnahmen genügen nicht, ich fordere einen unverzüglichen Personalstopp.» Auch Erich Gysel (SVP, Hallau) wollte beim Personal sparen: «Bei einer Minusteuerung dürfen die Löhne nicht angehoben werden.» Hingegen solle beim Musikunterricht nicht gespart werden, denn das sei eine Investition in die Zukunft. Jürg Tanner (SP, Schaffhausen) machte bei der Regierung Verzweiflung aus: «Sie weiss, dass die Massnahmen nichts nützen und es Steuererhöhungen braucht.» Peter Neukomm (SP, Schaffhausen) wehrte sich dagegen, dass Kosten auf die Gemeinden verlagert werden, und Heinz Rether (ÖBS, Thayngen) forderte die Bürgerlichen auf, endlich einmal die Wasserköpfe beim Staat, von denen sie bei jeder Gelegenheit reden würden, zu nennen, damit man dort sparen könne.

Massnahmen tragbar

Nach diesem Strauss von Meinungsäusserungen ergriff nochmals Rosmarie Widmer Gysel das Wort. Die Regierung wie die Mehrheit der Spezialkommission seien der Meinung, die Massnahmen von ESH3 seien tragbar. Bevor man überhaupt über Steuererhöhungen reden könne, müsse gespart werden. Was die Erhöhung der Gebühren angehe, so würden diese lediglich knapp 12 Prozent der gesamten Sparsumme umfassen. ESH3 sei ein Entlastungspaket und kein Sparprogramm: «Es geht um mehr Effizienz und um Leistungsanpassungen.» Und die Verschiebung auf die Gemeinden betrage lediglich rund 40 000 Franken, was tragbar sei: «Eine gewisse Solidarität darf verlangt werden.» Daraufhin beschloss der Rat mit 38 zu 8 Stimmen, auf ESH3 einzutreten.

Rückweisung abgelehnt

Einige der Zustimmenden, vor allem auf der linken Seite, hatten sich nur deshalb für Eintreten ausgesprochen, weil es nur so möglich war, ESH3 an die Regierung zurückzuweisen, was Martina Munz (SP, Hallau) denn auch beantragte. Sechs Punkte würden dafür sprechen, so unter anderem das Vorgehen der Regierung, die im Vorfeld nicht mit den Betroffenen gesprochen habe, die nicht existierende Opfersymmetrie, die Zusatzkosten für die Gemeinden sowie der massive Bildungsabbau. Markus Müller (SVP, Löhningen) stellte als Präsident der vorberatenden Kommission den Gegenantrag. Eine Rückweisung bringe nichts, könne doch die Regierung viele Massnahmen selber umsetzen, was sie auch bereits getan habe. Der Rückweisungsantrag wurde mit 29 zu 21 Stimmen abgelehnt. An der nächsten Sitzung vom 4. März wird jetzt konkret über die Kürzungen bei Landeskirchen und Musikunterricht sowie die Verlagerung von Kosten beim Alters- und Pflegegesetz auf die Gemeinden beraten. In diesen Punkten dürfte allerdings das Volk das letzte Wort haben.

Originalbericht SN

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