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Leitartikel Schaffhauser Nachrichten

Schaffhauser Nachrichten, 09.07.2013 von Zeno Geisseler

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Der Kanton Schaffhausen muss kräftig sparen. Die 20 Millionen Franken, die er mit dem Entlastungsprogramm ESH3 bis jetzt aus der Rechnung quetschen will, reichen bei Weitem nicht aus, um aus den roten Zahlen zu kommen. Es braucht weitere 40 Millionen Franken. Dies hat die Regierung diese Woche bekannt gegeben. Diese 40 Millionen Franken sollen je zur Hälfte mit Leistungskürzungen und mit Steuererhöhungen finanziert werden. Höhere Steuern waren bis jetzt ein grosses Tabu, ESH3 verzichtete noch darauf. Nun soll der Steuerfuss um sechs Prozentpunkte steigen; eine Mittelstandsfamilie soll ab dem kommenden Jahr dem Kanton ein paar Hundert Franken mehr abliefern.

 5 Regierungsräte, 60 Kantonsräte und 78 000 Einwohner am Steuer

Zwischen dem Anheben der Steuern und dem Kappen von Leistungen gibt es einen frappanten Unterschied: Während schon klar zu sein scheint, wann und um welchen Betrag die Steuern steigen sollen, ist noch völlig unklar, wo genau der Kanton sparen soll. Eine externe Beratungsfirma soll nun helfen, das Sparpotenzial zu finden. Diese Diskrepanz ist unschön, aber erklärbar: Der Schaffhauser Staatshaushalt ist wie ein durstiges Auto, dessen Benzinuhr auf Reserve steht. Um schnell wieder vorwärtszukommen, tankt man es zähneknirschend auf – sprich: erhöht die Steuern. Um effizienter unterwegs zu sein, muss man sich aber etwas anderes einfallen lassen: sparsamere Reifen aufziehen, vielleicht, Ballast abwerfen oder einfach das Tempo drosseln. Doch während ein Auto einen Fahrer hat, sitzen beim Kanton Schaffhausen 5 Regierungsräte, 60 Kantonsräte und 78 000 Einwohner hinter dem Lenkrad. Da den rechten Weg einzuschlagen, die richtige Geschwindigkeit zu finden, oder sich darauf zu einigen, wie man leichter werden kann, ist alles andere als einfach.

 Politiker kommen gerne auf seltsame Ideen mit fremder Leute Geld

Diese Zeitung steht höheren Steuern kritisch gegenüber. Ganz prinzipiell darf der Staat den Menschen und Unternehmen nur so wenig Geld wie nötig entziehen; je grosszügiger er mit Mitteln, die ihm nicht gehören, umgeht (der Staat selbst hat kein Geld), desto schädlicher ist dies auf lange Frist. Politiker kommen gerne auf seltsame Ideen, wie sie das Geld fremder Leute verprassen können. Man denke an teure, zum Glück gescheiterte Prestigeprojekte wie die Sporthalle in der Stahlgiesserei oder an den Umgang mit Mitteln aus Töpfen wie dem Generationenfonds, die der direkten demokratischen Kontrolle weitgehend entzogen sind. Höhere Steuern verschlechtern zudem unsere Position im Standortwettbewerb – über den wir so lange jammern können, wie wir wollen, der aber schlicht Realität ist. Wenn wir zu hart an der Steuerschraube drehen, dann ziehen die grossen, ausländischen Unternehmen wieder weg, und mit ihnen die guten privaten Steuerzahler. Wer bleibt, ist mit noch höheren Defiziten konfrontiert.

 Die Sache mit dem Wurstvorrat und den demokratischen Regierungen

Im konkreten Fall machen mehrere Elemente eine Steuererhöhung trotz allem wohl unumgänglich. Wichtige Erträge (staatliche Beteiligungen, Nationalbank, Finanzausgleich) sind sehr rasch weggebrochen. Der Kanton, der in Wahrheit nicht agil ist wie ein Auto, sondern träge wie ein Supertanker, hatte kaum Zeit, sich darauf einzustellen. Schaffhausen kann nicht mal eben gesetzliche Verpflichtungen im Umfang von 40 Millionen Franken aus dem Budget kippen, um rasch wieder schwarze Zahlen zu schreiben. So ein Prozess dauert schnell mehrere Jahre – auch, weil Parlament und Volk mitbestimmen können. Jede kleine Splittergruppe bringt rasch 1000 Unterschriften für ein Referendum oder eine Initiative zusammen und kann so das schönste Sparprogramm zusammenstreichen. Das haben die Gegner von ESH3 mustergültig durchexerziert. Natürlich kann man rückblickend argumentieren, die Regierung / das Parlament / das Volk hätte die nun flöten gegangenen Einnahmen eben gar nicht erst verplanen, sondern zur Seite legen sollen: Wenn es kommt, dann ist es gut, wenn nicht, dann ist es auch kein Problem. Doch das ist illusorisch. Wie sagte doch der österreichische Ökonom und Politiker Joseph Alois Schumpeter so schön? «Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als eine demokratische Regierung eine Haushaltsreserve.»