Accesskeys

Unternavigation

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie mich!

Ein Millionenloch in der Kasse des Kantons

Schaffhauser Nachrichten, 14.03.2013 von Zeno Geisseler

sn.gif

Bild Selwyn Hofmann

Fast 30 Millionen Franken Minus muss der Kanton Schaffhausen für das Jahr 2012 verbuchen. Das ist zwar besser als budgetiert, doch für die Zukunft sieht es gar nicht gut aus. Ein weiteres Entlastungsprogramm zeichnet sich ab.

2012 hat sich nicht so schlecht entwickelt, wie es Finanzdirektorin und Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel erwartet hatte. Sie hatte mit einem Minus von 35,9 Millionen Franken gerechnet, tatsächlich betrug das Defizit «nur» 29,9 Millionen Franken. Unter anderem hatte der Kanton 6,4 Millionen Franken vom Ertrag der Schweizerischen Nationalbank erhalten, budgetiert gewesen war eine Null.

Grund zur Freude kam bei der gestrigen Präsentation der Rechnung 2012 dennoch nicht auf, und dies nicht nur, weil die Rechnung zwar besser als erwartet, aber dennoch tiefrot abschloss. «Die Lage des Haushalts hat sich verschlechtert», sagte Widmer Gysel. «Der Sanierungsbedarf hat sich gegenüber dem Finanzplan 2013–2016 vergrössert.» Ein Blick in die Rechnung offenbart die Problemzonen. Auf der Aufwandseite sind es vor allem die Posten Soziale Wohlfahrt, Gesundheit und Bildung, die ins Gewicht fallen. Sechzig Prozent seiner Ausgaben tätigt der Kanton in diesen Bereichen. Von 2004 bis 2011 sind die Gesundheitskosten um 43 Prozent gestiegen, die Aufwände für die soziale Wohlfahrt (u. a. Beiträge an Krankenkassenprämien und Ergänzungsleistungen) um 33 Prozent und die Bildungskosten um 27 Prozent. Diese Ausgaben im Griff zu haben, ist für die Regierung nicht einfach. Denn es handelt sich in vielen Fällen um Leistungen, die der Kanton einfach zahlen muss, und um Kosten, die ausserhalb des Kantons anfallen. Viel Spielraum gibt es da nicht. Bei den Gesundheitskosten etwa fielen die neue Spitalfinanzierung und die freie Spitalwahl viel stärker ins Gewicht als erwartet. Die Beiträge für die Behandlung von Kantonsbewohnern in Privatspitälern oder Spitälern ausserhalb des Kantons fielen um 5,6 Millionen Franken höher aus, wobei vor allem die hohen Leistungen an die Privatspitäler aufgefallen seien, sagte Widmer Gysel. Weil diese Aufenthalte zuvor von den Krankenkassen finanziert worden seien, hätten Angaben über die Anzahl und den Umfang solcher Hospitalisationen gefehlt. Klar unter Budget, um zwei Millionen Franken, blieben hingegen die Beiträge an die Spitäler Schaffhausen. Als Kanton mit einer verhältnismässig alten Bevölkerung bekomme Schaffhausen die steigenden Gesundheitskosten besonders zu spüren, sagte Widmer Gysel. «Schweizweit fallen 45 Prozent der Gesundheitskosten bei Personen ab 65 an.» Die Schweizer Grossbank UBS hatte erst letzte Woche die Altersstruktur als grosses Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit Schaffhausens bezeichnet. Der Kanton gibt unter anderem mit einer Standortkampagne schon länger Gegensteuer und will Junge anlocken.

Über 16 000 Franken pro Student

Bei der Bildung zeichnet sich ein ähnliches Muster ab wie bei den Gesundheitskosten: höhere ausserkantonale Kosten, die man nicht beeinflussen kann, tiefere Aufwände im Kanton selbst. Konkret bezahlte Schaffhausen fast 20 Millionen Franken für Studierende an Universitäten und ausserkantonalen Fachhochschulen, über zwei Millionen Franken mehr als erwartet; jeder Student und jede Studentin kostet den Kanton rund 16 300 Franken pro Jahr. Dass die Ausgaben in der Bildung 4,1 Millionen Franken tiefer lagen als im Vorjahr, nämlich noch bei rund 128 Millionen Franken, sei den Massnahmen zur Stabilisierung der Ausgaben sowie auch dem Programm zur Entlastung des Staatshaushaltes (ESH3) zu verdanken, sagte die Finanzdirektorin.

Firmen liefern weniger ab

Sorgen bereitet der Kantonsregierung aber auch die Einnahmenseite. Mit 222,5 Millionen Franken haben Private zwar so viele Steuergelder abgeliefert wie noch nie, doch bei den Firmen sieht es ganz anders aus. Die direkte Steuer für juristische Personen ist mit 37,8 Millionen Franken zwar etwa auf dem Niveau der beiden Vorjahre geblieben, doch der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer ist nochmals massiv gesunken, von 35,1 auf noch 29,1 Millionen Franken. Noch vor drei Jahren flossen rund 48 Millionen Franken von Bern zurück nach Schaffhausen. Der Rückgang war einerseits konjunkturbedingt, andererseits auch eine Folge des Klumpenrisikos: Wenige Firmen, die zuvor sehr hohe Beiträge abgegeben hatten, bezahlten viel weniger, unter anderem, weil Bereiche verlagert wurden. Zusammen mit den Investitionen ergibt sich ein Fehlbetrag von 49,7 Millionen Franken. Dieser konnte durch liquide Mittel gedeckt werden, doch in den Folgejahren, die auch rot ausfallen werden, muss der Kanton Fremdkapital aufnehmen. Überhaupt sieht die Zukunft nicht rosig aus. Bis jetzt hatte der Kanton das Ziel, bis 2016 wieder aus den roten Zahlen zu kommen – deshalb hat er auch das Entlastungsprogramm ESH3 im Umfang von rund 25 Millionen Franken lanciert. Doch diese Massnahmen dürften nicht ausreichen, warnte Widmer Gysel gestern. «Wir sind dazu verpflichtet, den Staatshaushalt mittelfristig auszugleichen. Und ‹mittelfristig› heisst nicht bis in alle Ewigkeit.» 2016 wäre bereits das siebte Jahr mit roten Zahlen, das sei definitiv zu lang. Was genau der Kanton unternehmen wird, liess die Regierungspräsidentin gestern offen. Beschlüsse sollen nach einer Detailanalyse der Rechnung 2012 im Rahmen der Budgetvorschläge 2014 fallen. Im Prinzip gibt es aber bloss zwei Wege: die Ausgaben weiter senken oder die Beiträge erhöhen, entweder bei den Steuerzahlern oder bei den Gemeinden. «Entlastungen sollten zuerst kommen», sagte Widmer Gysel. «Aber wenn Parlament und Volk damit nicht einverstanden sind, dann werden höhere Steuern ein Thema.»

Originalbericht SN