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Ein alter Brauch zügelt an einen neuen Ort

Schaffhauser Nachrichten, 16.01.2013 von Erwin Künzi

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Der Stein oder «Staa», wie ihn Regierungspräsidentin Rosmarie Widmer Gysel (hier mit Gerhard Vogel) in ihrem Hallauer Dialekt bezeichnete, verheisst laut Orakel für dieses Jahr Geduld, Kraft und Stärke, zum eigenen Wohl und zu dem der anderen.

Das traditionelle Bleigiessen der «Schaffhauser Nachrichten» ist gestern zum ersten Mal im Stadttheater durch-geführt worden. Rund 300 Gäste verfolgten die Zeremonie und die Prophezeiungen des Blei-Orakels.

30 Jahre lang haben die «Schaffhauser Nachrichten» jeweils zwischen Weihnachten und Neujahr Persönlichkeiten in ihre Druckerei im Herblingertal eingeladen, um beim Bleigiessen herauszufinden, was das neue Jahr für sie bereithält. Die Einladung ging an Menschen, die ein neues Amt oder eine neue Stelle angetreten hatten oder denen ein besonderes Jahr bevorstand. Für die 2013 betreffenden Prophezeiungen wechselte die Bühne, von der Druckerei ins Stadttheater, wo gestern Abend SN-Chefredaktor Norbert Neininger 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur begrüssen konnte. Man habe sie eingeladen zum Dank für ihre Verbundenheit mit der Meier + Cie AG Schaffhausen, der Herausgeberin der SN. «Man hört immer wieder, die traditionellen Medien seien gefährdet. Wenn das auf einen selber nicht zutrifft, hat man fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen», meinte Neininger, um fortzufahren, dass die SN 2012 ein «vernünftiges Jahr» gehabt hätten und auch die Aussichten für 2013 nicht allzu schlecht seien.

Dann wurde es dunkel im Saal, der Vorhang öffnete sich, unheimliche Musik erklang aus den Lautsprechern, und auf der Bühne wallte Nebel. Daraus trat Giessmeister Gerhard Vogel hervor, in Frack und Zylinder. «Wir giessen heute Blei / Orakel, sag, was das Symbol wohl sei», deklamierte er und präsentierte dem Publikum die alte Setzmaschine, in der das Blei bei 290 bis 310 Grad geschmolzen wurde. SN-Redaktor Zeno Geisseler, der, assistiert von Madleina Bürgin, durch den Abend führte, erklärte das Prozedere und bat, nachdem sich das Orakel gemeldet hatte, den ersten Gast auf die Bühne.

Kryptisches Orakel

Dort traten acht Persönlichkeiten auf, die kurz in einem Video ihre Wünsche für 2013 formulierten, dann Blei gossen und anschliessend versuchten herauszufinden, was das Resultat darstellen könnte. Diese Interpretation fiel oft nicht leicht, was hie und da auch für das Interview mit Zeno Geisseler galt, der die eine oder andere spitze Bemerkung platzierte. Doch alle Gäste – Matthias Fischer, Richard Bührer, Markus Höfler, Karin Fattinger, Rosmarie Widmer Gysel, Raphaël Rohner, Susi Stühlinger und Andy Sutz – erwiesen sich als äusserst schlagfertig und ernteten so mehr als einmal Gelächter und Applaus aus dem Publikum. Alle lauschten aufmerksam dem Spruch des Orakels, der meist blumig und, wie sich das für ein richtiges Orakel gehört, oft auch etwas kryptisch ausfiel («Es ist eine alte Erfahrung, dass jede neue Erfahrung neu ist.») Und als Geisseler einmal das Orakel anzweifelte, stellte dieses seine Autorität wieder her, indem es den Weg zur verschwundenen Geldbörse von Regierungsrat Christian Amsler wies und erst noch ihren Inhalt – 140 Franken – richtig bestimmte, was Geisseler bestätigte («Das ist so, und eine Quittung von Aldi Jestetten ist auch noch drin.») Das Orakel war es auch, das Hunger und Durst bei den Gästen feststellte, worauf die Fortsetzung des Abends bei Speis und Trank auf dem Herrenacker stattfand, wo man sich auch selber im Bleigiessen üben konnte.

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