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Die «wahren Botschafter» musizierten

Schaffhauser Nachrichten, 07.12.2005 von Manfred Zürcher

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Ein Jugendblasorchester ist ein Jugendblasorchester ist ein Jugendblasorchester. Natürlich nicht, wenn es sich um das Kiryat Yam Wind Orchestra aus Israel handelt, das soeben beim International Youth Music Festival Zurich den zweiten Rang im ersten Schwierigkeitsgrad errungen hat und nun, eingeladen von der Schaffhauser Sektion der Gesellschaft Schweiz-Israel, beherbergt von zahlreichen Schaffhauser Gastfamilien, im fast voll besetzten St. Johann ein Konzert gibt, wo es den Beweis fundierten musikalischen Könnens und zugleich jugendlich unbedarften Engagements erbringt, wie geschehen am Sonntagabend.

Dann nämlich ist die Liste der Sponsoren lang, dann erscheint der Botschafter Israels zu einem kleinen Empfang, und der Schaffhauser Regierungsrat delegiert vice versa die zuständige Ressortchefin, in diesem Fall Rosmarie Widmer Gysel. Dennoch, nur eine halbe Steilvorlage für Ephraim Kishon, denn neben den unvermeidlichen diplomatischen Höflichkeiten nebst zugehörigen protokollarischen Floskeln war sehr wohl Persönliches zu hören.
Anstand, Takt und bemerkenswerten Mut zur Wahrheit bewies Frau Widmer Gysel, indem sie in ihrer Tour d`Horizon über Schaffhausen auch das unrühmlich tragische Geschehen um die Ausschaffung jüdischer Flüchtlinge in der Nazizeit ansprach, und der Botschafter relativierte sich selbst später mit Hinweis auf die jungen Musiker, indem er dem Publikum zurief: «Das sind die wahren Botschafter Israels!» Kein normales Konzert also, sondern es standen Emotionen im Raum, die mehr mit Politik denn mit Musik zu tun hatten.
Und doch richtige Musik, Blasmusik mit ihrer Tendenz zum Grossartigen, ja zum Pompösen, hier aber nie zum Tschinderassabum ausartend. Es fehlte in diesen Werken heutiger Autoren das Martialische, stattdessen fand man Eleganz und Nonchalance, mit typisch angelsächsischen Anklängen an Pop, Swing und Folklore.
Aus den drei Gruppen Classical, Light und Israeli/Jewish Music erklangen Stücke in wechselnder Folge, so zu Beginn «Olympic Fanfare» von John Williams, dann «Cloudburst» von Eric Whitacre, womit das Orchester in Zürich geglänzt hatte, ebenso das Pflichtstück des Festivals, «The Magic of Music», vom Schweizer Gerald Tinner eigens hierfür geschrieben.
Zahlreiche Solisten traten auf, so in «Idishe Mame», besonders hervorzuheben das «Concertino for Clarinet» nach Carl Maria von Weber sowie das Xylofonsolo in «On the Track» von Jack Simpson. Fetzig auch eine Clarinet-Polka, erkennbar dort ein Motiv mit dem helvetischen Gruss an Frau Stirnimann, kurz, es ging wirklich rund im St. Johann.
Das Besondere zeigte sich aber wieder zum Schluss, als die israelische Nationalhymne gespielt wurde, vom Publikum stehend gewürdigt. Wäre wohl von einem französischen Jugendblasorchester die «Marseillaise» ebenso geboten und im St. Johann aufgenommen worden?

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