Accesskeys

Unternavigation

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie mich!

Die SVP schiesste mal wieder auf Tontauben

schaffhauser az, 27.03.2008 von Praxedis Kaspar

az.gif

Kommentar zum Schulprojekt Harmos

Man könnte ja maliziös sein und sagen: Wenn die SVP auf Widerstand macht und zum Referendum trommelt, muss es sich um eine tolle Sache handeln. Und beim Projekt Harmos, diesem schulischen Unterfangen von geradezu einmaliger Tragweite, ist es genau so: Die SVP sammelt in verschiedenen Kantonen Unterschriften und schiesst wild auf Tontauben respektive Hassmümpfelithemen, derweil Fachpersonen, Politik, fortschrittliche Eltern und andere vernünftige Leute in einer geradezu historischen Anstrengung versuchen, die Schweizer Schule zukunftstauglich, europafähig und kindgerecht zu machen. Eine Schule, gleich für alle, aber mit Variationsmöglichkeiten in Regionen und Schulhäusern: Englisch und die Landessprachen, ein gemeinsamer Lehrplan für die Deutschschweiz, ein überprüfbares und vergleichbares Niveau, das in allen Kantonen mit gleicher Elle gemessen werden kann. Eine Schule ausserdem, die Integration will statt Segregation, wahrhaftig ein vernünftiges Postulat in einer Zeit der auseinanderfallenden Gesellschaften und der individuellen Lernstörungen in überforderten Familien. Eine Schule schliesslich, die den gesellschaftlichen Realitäten, die oft gesellschaftliche Härten sind, ins Auge sieht und handelt: Tagestrukturen und Blockzeiten wollen die Kinder von der Strasse holen und die Mütter ein wenig sorgloser zur Arbeit schicken, wohin sie ja ohnehin gehen müssen. Dass ein so gigantisches Projekt wie Harmos - zehn Kantone müssen mitmachen, sonst kommt es nicht zustande, Schaffhausen ist als erster parat - dass also ein so gigantisches Projekt Diskussionen hervorruft, versteht sich. Dass nun aber die SVP - für einmal zwar nicht in Schaffhausen, da waren wir wohl zu schnell - wieder eins ihrer Tontaubenschiessen veranstaltet und eine Sache in Scherben legen will, welche die Schweiz doch besser zusammenhalten und konkurrenzfähig zum bildungshungrigen Ausland machen soll, das ist dumm und dreist und ausserdem verlogen. Nur, weil es gewissen Schweizerknaben nicht passt, dass Mütter inzwischen hinter dem Herd hervorgekrochen sind, weil es ihnen nicht passt, dass Migrantenkinder gleichberechtigt mit Schweizerkindern leben sollen, und weil sie den obligatorischen Kindergarten mit unguter Verschulung gleichsetzen, nur darum wollen sie ein Projekt vereiteln, das bitter nötig ist, wenn die Schweiz als Wirtschaftsund Lebensort Zukunft haben soll. Kritik und Diskussionen in Ehren, es wird auch Harmos in vielen Details zu diskutieren und zu verbessern sein, in jedem Kanton wird und darf das Projekt ja seine eigene Prägung bekommen. In den grossen Zügen aber muss es gemeinsam getragen werden, wenn die Schweizer Schule von ihrem Kantönligeist loskommen und junge Leute ausbilden soll, die sich auch ausserhalb der Kantons- und Landesgrenzen mit Freude, Zuversicht und Fähigkeit bewegen können. Gerade eine Partei, die sich von Wirtschaftsbonzen finanzieren und fortbewegen lässt, müsste an einer solchen Schule doch interessiert sein, oder? Und noch was: Im Kanton Schaffhausen gelingt es ja. Da arbeitet eine SVP-Bildungsdirektorin im Vorstand der Erziehungsdirektorenkonferenz an Harmos mit. Und sie hat einen Kanton hinter sich, der weiss, was es geschlagen hat. Immerhin ist SVP-Kantonsrat Thomas Hurter Leiter der SPK für das neue Schulgesetz, das mit Harmos kompatibel ist. Es ist also zu hoffen, dass die SVP Schaffhausen weiter mit am Strick zieht und den Widerstand nicht bloss verpasst hat..