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Die nächste Steuergesetzrevision steht an

Schaffhauser Nachrichten, 21.02.2011 von Philipp Lenherr

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Die Schaffhauser Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel erläutert im Gespräch die Eckpunkte der geplanten Steuerrevision und erklärt, wie der Kanton Schaffhausen im Bereich E-Government eine führende Position einnehmen will.

Die Wirtschaft erholt sich je länger, je mehr von der Finanzkrise. Für viele Unternehmen hat sich die Situation im vergangenen Jahr markant verbessert, auch die Arbeitslosigkeit ist stark zurückgegangen. Was bedeutet das für die Steuereinnahmen des Kantons Schaffhausen? Ursprünglich ist man ja davon ausgegangen, dass die Krise gerade in den Jahren 2010 und 2011 auch bei den Steuereinnahmen Spuren hinterlassen wird - gilt das noch?

Rosmarie Widmer Gysel: Wir haben gesagt, dass das Jahr 2011 wahrscheinlich am schwierigsten wird, vor allem auch im Zusammenhang mit der Erstellung des Finanzplans 2010-2013. Wenn wir aber den Verlauf und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise betrachten, so gehen wir davon aus, dass wir den Aufschwung erst verzögert zu spüren bekommen werden. Andererseits hatten wir aber wegen der Finanzkrise auch keinen starken Einbruch der Steuereinnahmen zu verzeichnen. Das liegt unter anderem daran, dass wir nicht speziell viele finanzmarktorientierte Firmen in Schaffhausen haben. Aber da die meisten Unternehmen exportorientiert sind, gehen wir davon aus, dass sich die Eurokrise stärker auswirken wird als die Finanzkrise. Die Währungsverluste schlagen auf die Gewinne durch - aufgrund deren die fälligen Steuern berechnet werden. Gleichzeitig ist es aber so, dass der Anteil der natürlichen Personen an den Steuereinnahmen sehr viel höher liegt als derjenige der juristischen Personen.

Bei den natürlichen Personen rechnen Sie also nicht mit so starken Auswirkungen?

Widmer Gysel: Im Vergleich zu den juristischen Personen reagieren die natürlichen Personen wie eine Art grosser Ozeandampfer, der nicht so schnell wenden kann, auf die Wirtschaftskrise. Was wir allerdings in der Rechnung 2010 zu sehen bekommen haben, ist, dass sich die Löhne nicht wie ursprünglich erwartet entwickelt haben - wir hatten ja zum Beispiel keine Teuerung. Wir haben das dann näher angeschaut, indem wir die in den Steuererklärungen deklarierten Einkünfte analysiert haben. Dabei hat sich gezeigt, dass die Einkommen aus dem Haupterwerb trotz der Krise leicht gestiegen sind, während die Einkommen aus dem Nebenerwerb rückläufig waren - das hat bestimmt mit der Wirtschaftslage zu tun. Es wurden beispielsweise Pensen reduziert. Da sich die ganze Wirtschaftslage jetzt verbessert hat, gehen wir davon aus, dass die zu versteuernden Einkommen auch in diesem Bereich wieder steigen werden.

Die Arbeitslosigkeit, die in Schaffhausen infolge der Krise ja zwischenzeitlich auch stark angestiegen ist, wirkt sich also gar nicht so stark auf die Steuereinnahmen aus?

Widmer Gysel: Im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt war die Arbeitslosigkeit im Kanton Schaffhausen ja zum Glück konstant tiefer. Zudem haben arbeitslose Personen ja im Normalfall weiterhin 80 Prozent ihres Einkommens erhalten, was ebenfalls versteuert werden muss.

Trotz der Wirtschaftskrise, die ja alle Schweizer Kantone betroffen hat, hat der Steuerwettbewerb unter den Kantonen keine Pause eingelegt. Wo steht der Kanton Schaffhausen derzeit?

Widmer Gysel: Im interkantonalen Steuerwettbewerb haben wir vor allem bei den Vermögenssteuern für natürliche Personen einen grossen Nachholbedarf, sprich, wir haben im Vergleich zu anderen Kantonen eine eher schlechte Position. Bei niedrigen und mittleren Einkommen besteht ebenfalls Handlungsbedarf. Gut positioniert sind wir hingegen bei den höheren Einkommen, also über 200 000 Franken pro Jahr. Auch bei der Besteuerung von Familien, also dem Kinderabzug und dem Betreuungsabzug, sind wir auf einer guten Position. Bei den juristischen Personen zeigen die neusten Zahlen zu den Gewinnsteuersätzen im Jahr 2010, dass wir immer noch im vorderen Drittel sind - mit der Steuergesetzrevision 2008 waren wir aber noch weiter vorne. Andere Kantone haben mittlerweile nachgezogen, was uns einige Plätze in der Rangliste gekostet hat. Im Hinblick auf die Zukunft gibt es hier Handlungsbedarf, weil wir ein attraktiver Standort für Unternehmen bleiben wollen.

Die nächste Gelegenheit, um in diesem Bereich aktiv zu werden, dürfte die Steuergesetzrevision sein, die für dieses Jahr angekündigt ist. Was sind weitere Schwerpunkte?

Widmer Gysel: Die Steuergesetzrevision, die derzeit in Arbeit ist, verfolgt hauptsächlich vier Ziele. Erstens wollen wir die KMU entlasten. Dabei geht es um verschiedene kleine Erleichterungen, wie etwa die Besteuerung von Liquidationsgewinnen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit, etwa bei Geschäftsübergaben. Auch bei der Behandlung von Ersatzanschaffungen für das Anlagevermögen sind Erleichterungen geplant. Diese und weitere kleine Änderungen gehen für den Kanton nicht wahnsinnig ins Geld, sollten den einzelnen kleinen und mittleren Unternehmen aber doch spürbare Erleichterungen bringen. Der zweite Punkt ist die Vermögenssteuer, diese möchten wir von 2,3 Promille auf 1,8 Promille senken, um unsere Position im Ranking der Kantone zu verbessern. Das ist nötig, weil gerade auch die umliegenden Kantone tiefere Vermögenssteuersätze haben. Wir möchten ja auch neue Einwohner anziehen und diejenigen, die schon hier sind, behalten. Es gibt nicht wenige Leute in Schaffhausen, die zwischen 1 und 5 Millionen Franken Vermögen versteuern.

Können sich auch weniger gut Verdienende auf eine Steuersenkung freuen?

Widmer Gysel: Auch im Bereich der tiefen und mittleren Einkommen wollen wir unsere Position verbessern und den Mittelstand entlasten. Für Personen, gerade auch Alleinstehende, mit einem Einkommen zwischen 60 000 und 100 000 Franken ist die Steuerbelastung im Kanton Schaffhausen verglichen mit grossen Einkommen relativ hoch. Das wollen wir mit einer Anpassung der Steuertarife ändern. Profitieren sollen vor allem Alleinstehende - darunter gibt es viele junge Leute, aber auch zahlreiche ältere. Das vierte und letzte Ziel der Steuergesetzrevision ist die Senkung der Gewinnsteuern für die Unternehmen von 5 Prozent auf 4 Prozent. Dabei spielen auch die laufenden Diskussionen mit der EU eine Rolle. Wir wollen vorausschauend handeln und den Unternehmen damit Planungssicherheit geben. Gleichzeitig wollen wir die gute Position des Kantons im Bereich der Unternehmenssteuern erhalten.

Verkraftet der Kanton die daraus resultierenden Einbussen?

Widmer Gysel: Ja, die Regierung ist der Ansicht, dass wir uns das leisten können und dass es im Gesamtinteresse des Kantons ist. Wir möchten aber nicht alle Änderungen auf einmal in Kraft setzen. Die Senkung der Gewinnsteuern soll erst ein Jahr nach den anderen Punkten in Kraft treten. Die Revision muss ja finanziell tragbar sein - nicht nur für den Kanton, sondern auch für die Gemeinden. Wir sitzen deshalb auch mit Vertretern der Gemeinden zusammen und sprechen mit ihnen über die Auswirkungen der geplanten Steuergesetzrevision.

Lässt sich schon beziffern, wie hoch die Steuersenkung insgesamt ausfallen wird?

Widmer Gysel: Die drei ersten Hauptziele würden zu einer Steuerentlastung von rund 5,5 Millionen Franken beim Kanton führen. Die Senkung der Gewinnsteuer, die verzögert in Kraft gesetzt werden soll, würde rund 8 Millionen Franken ausmachen, insgesamt also 13,5 Millionen Franken.

Müssen diese wegfallenden Einnahmen bei den Ausgaben eingespart werden - oder rechnen Sie damit, dass die Steuersenkungen mittelfristig nicht zu weniger Einnahmen führen werden?

Widmer Gysel: Wir gehen von eher vorsichtigen Annahmen aus. Bei den juristischen Personen rechnen wir mit steigenden Steuereinnahmen. Bei den natürlichen Personen rechnen wir mit einer Zunahme von jährlich etwa 2 Prozent - rein lohnsummenmässig. Unter dem Strich werden für alle längerfristig mehr Steuereinnahmen resultieren.

Steuern senken und schliesslich mehr einnehmen - eigentlich paradox, oder?

Widmer Gysel: Trotzdem funktioniert es, wie frühere Steuersenkungen im Kanton Schaffhausen und anderswo gezeigt haben.

Die Schweizerische Nationalbank hat zusammen mit ihrem negativen Jahresabschluss 2010 angekündigt, dass ab nächstem Jahr mit tieferen Ausschüttungen an die Aktionäre, also auch an die Kantone, zu rechnen ist. Für den Kanton Schaffhausen könnte es Schätzungen zufolge nächstes Jahr noch circa 6 Millionen Franken statt wie in den Vorjahren 16 Millionen Franken geben. Gefährdet das nicht die Steuergesetzrevision?

Widmer Gysel: Dieses Jahr wird sich die Ausschüttung an die Kantone ja noch im üblichen Rahmen bewegen. Wie es weitergeht, wird sich im Herbst zeigen. Im Budget 2012 und im Finanzplan werden wir diese Einnahmen natürlich sehr zurückhaltend budgetieren. Man hat ja eigentlich immer gewusst, dass diese Ausschüttungen irgendwann zurückgehen könnten. Die Nationalbank hat ja auch einen anderen Auftrag, als Gewinn zu generieren. Mit Blick auf unsere steigenden Ausgaben in vielen Bereichen sehe ich den Spielraum für steuerliche Entlastungen mit der jetzt aktuellen Steuergesetzrevision aber für vorläufig ausgeschöpft an, der Staatshaushalt muss schliesslich längerfristig im Lot sein.

Auch der Stromkonzern Axpo, an dem der Kanton beteiligt ist, hat infolge eines Gewinnrückgangs eine Senkung der Dividende angekündigt - in welchem Ausmass betrifft das den Kanton Schaffhausen?

Widmer Gysel: Wenn die Dividende wie beantragt genehmigt wird, führt das bei uns zu Mindereinnahmen von rund 4,5 Millionen Franken - bereits dieses Jahr.

Ein Thema im Steuerstreit mit der EU ist die in der Schweiz sehr attraktive Besteuerung von Holdinggesellschaften. Der EU ist diese ein Dorn im Auge. Wäre der Kanton Schaffhausen von einem Wegfall des Holdingprivilegs stark betroffen?

Widmer Gysel: Für den Kanton Schaffhausen sind in den Steuerdiskussionen mit der EU viel weniger die Holdings als die sogenannten gemischten Gesellschaften wichtig. Von diesen haben wir sehr viele und damit auch entsprechende Steuereinnahmen. Der relevante Punkt dabei sind die Gewinne, die diese Unternehmen im Ausland erzielen und die heute nicht besteuert werden. Alle Kantone, die von einer Änderung stärker betroffen wären als der Bund, sind klar der Meinung, dass man diesen Punkt nicht zur Diskussion stellen darf. Sicher ist das aber erst, wenn eine Vereinbarung unter Dach und Fach ist. Und auch beim Bankgeheimnis hiess es ja bis vor nicht allzu langer Zeit, dass es unverhandelbar sei. Falls es doch zu einer Änderung der Besteuerung der gemischten Gesellschaften kommen sollte, wären wir mit der angestrebten Senkung der Gewinnsteuern bereits gut positioniert.

Mit der diesjährigen Einführung der E-Rechnung zum Bezahlen der Steuern hat der Kanton Schaffhausen einen weiteren Schritt seiner E-Government-Strategie umgesetzt. Was kommt in diesem Bereich noch auf uns zu?

Widmer Gysel: Ziel der Regierung ist es, dass der Kanton Schaffhausen im Bereich E-Government zu den führenden Kantonen gehört. Ziel ist in vielen Fällen die medienbruchfreie Übermittlung von Informationen zwischen Unternehmen, Bürgern und dem Staat. Die Steuer-CD, die schon länger existiert, war einer der ersten Schritte. Die E-Rechnung ist nun ein weiterer Schritt. Seit rund einem Jahr können in einzelnen Gemeinden auch Baubewilligungen online beantragt werden. Das Zentrum und Herzstück des E-Governments ist aber natürlich unsere Datenplattform, die die Einwohnerdaten und Objektdaten beinhaltet. Auf diese Datensätze konnte beispielsweise bei der letzten Volkszählung zugegriffen werden. Zudem werden laufend elektronische Formulare für die verschiedensten Bereiche erstellt. Für das ganze E-Government ist eine enge Zusammenarbeit mit den Gemeinden entscheidend, ein isoliertes Vorgehen des Kantons würde wenig Sinn machen.

Damit die Vorteile des E-Governments wirklich zum Tragen kommen können, müssen die Bürger und Unternehmen die neuen Möglichkeiten aber auch nutzen - wie wollen Sie sie dazu bewegen?

Widmer Gysel: Wir werden zweimal jährlich sogenannte E-Government Days durchführen. Der erste wird am 6. Mai 2011 stattfinden. Interessierte Bürger und Vertreter von Unternehmen erhalten dann Einblick in die verschiedenen Möglichkeiten. Wir suchen vor allem eine enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen und werden deshalb auch mit der Industrie- und Wirtschafts- Vereinigung und dem Kantonalen Gewerbeverband Anlässe zum Thema E-Government durchführen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch erfahren, was die Bedürfnisse der Unternehmen in Sachen E-Government sind.

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