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Der Urnenmarathon geht weiter

Schaffhauser Nachrichten, 06.08.2016 von Zeno Geisseler

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In gut drei Wochen sind die Stimmbürger wieder gefragt: Dann stimmt der Kanton Schaffhausen gleich über fünf Massnahmen aus dem Entlastungsprogramm 2014 ab. Ein Überblick.

Über einen Mangel an direkter Demokratie können sich die Schaffhauserinnen und Schaffhauser dieses Jahr wahrlich nicht beklagen. Die Stadtschaffhauser etwa konnten sich bis heute an drei Urnengängen schon zu fast 20 Geschäften äussern, und im Spätsommer und Herbst folgen noch kantonale und städtische Wahlen. Zum nächsten Mal ins Stimmlokal – oder an den Briefkasten – geht es aber bereits in gut drei Wochen: Am 3. Juli stimmt der Kanton über fünf Vorlagen aus dem Entlastungsprogramm 2014 ab. Es geht um tiefere Beiträge an die Krankenkassenprämien, um höhere Steuern für Eheleute und Bezüger von Vorsorge­kapital sowie um Einschränkungen bei der Bezahlung von Pflegeleistungen und Freifächern an der Kantonsschule.

An die Urne gekommen sind diese Massnahmen alle aus dem gleichen Grund: Der Kantonsrat hat ihnen zwar zugestimmt, dabei wurde aber eine Mehrheit von vier Fünfteln der Stimmen verpasst. Das Gesetz sieht in diesen Fällen vor, dass ein Geschäft automatisch vors Volk kommt.

Gemeinden profitieren ebenfalls

Unterstützt der Souverän alle fünf Vorlagen, wird der Kanton jährlich um 5,2 Millionen Franken entlastet, und die Gemeinden profitieren sogar in einem Umfang von 6,1 Millionen Franken. Dass die Gemeinden beim Entlastungsprogramm des Kantons überhaupt zum Zuge kommen und dabei erst noch mehr Geld sparen als der Kanton selbst, erscheint auf den ersten Blick seltsam. Schliesslich hat ja der Kanton Finanzprobleme und deshalb ein Entlastungsprogramm lanciert, während es vielen Gemeinden, etwa der Stadt Schaffhausen, sehr gut geht. Allerdings gelten kantonale Gesetze eben automatisch auch für die Gemeinden. Wenn der Kanton zum Beispiel höhere Abgaben ins Steuergesetz schreibt, weil er mehr Geld braucht, dann gelten die höheren Sätze automatisch auch für die Gemeinden, obwohl diese die so zustande kommenden Mehreinnahmen vielleicht gar nicht benötigen.

Hier nun ein Überblick über die fünf Vorlagen im Einzelnen:

· Reduktion der Prämienverbilligung Dies ist das finanziell wichtigste, aber auch umstrittenste Geschäft: Etwa jeder dritte Einwohner des Kantons bezieht einen Beitrag des Staates an die Krankenkassenprämie. Bezahlt wird diese Unterstützung vom Bund, vom Kanton und von den Gemeinden. Aktuell liegt der Beitrag von Kanton und Gemeinden deutlich über dem Anteil des Bundes. Im Budget 2016 etwa zahlen der Kanton und die Gemeinden 102 Prozent der Bundesgelder. Nun soll die Quote auf noch 80 Prozent der Bundesgelder sinken. Was heisst dies nun konkret für die Bezüger der Prämienverbilligung? Dies kommt sehr auf die Höhe der bisherigen Beiträge, das ­Alter und die Familienverhältnisse an, von einem Rückgang der Zahlungen um mehrere Hundert Franken ist aber auszugehen.

Auch nach der Kürzung soll Schaffhausen gemäss dem Abstimmungsmagazin noch zu den grosszügigsten Kantonen der Deutschschweiz gehören. Bei einem Ja zu dieser Anpassung wird der Kanton jährlich 2,4 Millionen Franken einsparen, die Gemeinden sparen sogar 4,2 Millionen Franken ein. Das Einsparpotenzial ist somit grösser als bei den anderen vier Vorlagen zusammen. Eine Senkung der Prämienverbilligung ist allerdings sehr umstritten, nicht zuletzt, weil sich das Volk 2012 gegen eine Kürzung der Prämienverbilligung ausgesprochen hat.

Ein Nebenaspekt dieser Vorlage ist, dass die Liste der säumigen Prämienzahler nicht mehr weitergeführt werden soll, weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen.

· Höhere Steuern für Verheiratete Zwei Unverheiratete, die zusammenleben, füllen je eine Steuererklärung aus, Verheiratete aber bloss eine. Zur Berechnung der Steuer des Ehepaars wird ihr Einkommen durch einen bestimmten Satz geteilt, den Divisor. Dieser liegt aktuell bei 1,9, er soll nun auf 1,85 gesenkt werden, was höhere Steuern nach sich zieht. Auch hier sind die Folgen sehr von den individuellen Verhältnissen, sprich vom Einkommen, abhängig. Als Beispiel hat der Kanton Schaffhausen ausgerechnet, dass ein Ehepaar aus der Stadt Schaffhausen mit einem steuerbaren Einkommen von 100 000 Franken künftig rund 190 Franken mehr bezahlen würde als heute. Insgesamt soll der Kanton dank dieser Massnahme jährlich 1,3 Millionen Franken mehr einneh men, bei den Gemeinden sind es 1,1 Millionen Franken.

· Höhere Steuern für Kapitalbezüge Wer Geld in der Pensionskasse oder in der Säule 3a parkiert hat, kann dieses Vermögen zum Beispiel für den Kauf einer Wohnung oder bei der Pensionierung beziehen. Dabei wird dann aber eine Steuer fällig, und diese Steuer soll nun erhöht werden. Bei einer Kapitalauszahlung von 100 000 Franken in der Stadt Schaffhausen beträgt die Steuer heute 2424 Franken, künftig sollen es 3030 Franken sein – was übrigens immer noch deutlich weniger ist als etwa im Kanton Zürich (4380 Franken) oder im Thurgau (5260 Franken). Der Kanton rechnet dadurch mit Mehreinnahmen pro Jahr von 0,9 Millionen Franken, bei den Gemeinden sind es 0,8 Millionen Franken.

· Tiefere Beiträge an die Pflegekosten Hier geht es unter anderem um Sonderbeiträge für die Übergangspflege, welche der Kanton heute während höchstens 60 Tagen bezahlt. Neu sollen nur noch maximal 14 Tage bezahlt werden. Patienten müssen in der Folge mit Mehrkosten von nicht ganz 22 Franken pro Tag rechnen. Im Schnitt bleiben ­Patienten heute etwa 30 Tage in der Übergangspflege, somit wird der durchschnittliche Patient etwa 350 Franken pro Aufenthalt zusätzlich selbst bezahlen müssen. Diese Belastung war im Parlament sehr umstritten. Weniger kritisiert wurde, dass auch die Gemeinden netto pro Jahr rund 100 000 Franken mehr bezahlen sollen. Der Kanton rechnet damit, mit diesen Änderungen insgesamt jährlich rund 300 000 Franken einzusparen.

· Kostenpflichtige Freifächer Die fünfte EP-2014-Vorlage betrifft die Freifächer an der Kantonsschule. Heute ist der Besuch sämtlicher Freifächer für die Schüler kostenlos, dies soll sich nun ändern: Das erste Freifach bleibt weiterhin kostenlos, jedes weitere kostet 100 Franken pro Schuljahr, wobei es gewisse Ausnahmen gibt. Pro Jahr rechnet der Kanton mit Einsparungen von 290 000 Franken; die Gemeinden sind von dieser Anpassung nicht betroffen.

Was passiert nun, wenn das Volk einzelne oder gar alle Massnahmen ablehnt? Dann muss der Kanton andere Wege suchen, seine Rechnung zu verbessern. Auf der Hand liegt eine Erhöhung des Steuerfusses, aber ob das Parlament dazu tatsächlich bereit wäre, ist offen.