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Das neue Bildungs- und Schulgesetz

Schleitheimer Bote, 28.10.2006 von Christian Stamm

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Am letzten Mittwoch stellte Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel den Bericht und Antrag des Regierungsrates zur Schaffung eines neuen Bildungs- und Schulgesetzes vor. Der Regierungsrat zeigt sich davon überzeugt, dass mit einer Gutheissung seiner Reformvorschläge sowie deren Umsetzung ein wesentlicher Beitrag zur Attraktivierung des Bildungs- und Wohnstandortes Schaffhausen geleistet werden kann.

Mit der Vorlage, die am vergangenen Montag bereits den Gemeindebehördevertretern vorgestellt wurde und jetzt an den Kantonsrat geht, beabsichtigt der Regierungsrat eine grundsätzliche Reform des Bildungswesens. Diese soll ausgerichtet sein an den Anforderungen einer modernen Gesellschaft und den Bestrebungen von Bund und Kantonen nach vermehrter Koordination und Harmonisierung. Ein Bildungsgesetz soll als Rahmengesetz für sämtliche Bereiche der schulischen und beruflichen Ausbildung stehen. Das neue Schulgesetz wird den zuständigen Führungsorganen und Lehrenden die notwendigen Freiräume für die Steuerung eines qualitativ hochstehenden, gleichzeitig aber auch zeitgemässen und bedürfnisorientierten Unterrichtsangebotes mit adäquaten Strukturen sicherstellen.

Vernehmlassungsergebnisse sind weitgehend berücksichtigt

Am 15. November 2005 verabschiedete der Regierungsrat die Entwürfe zu einem neuen Bildungsgesetz in die Vernehmlassung. Innert der bis Ende Februar 2006 laufenden Frist wurden insgesamt 126 Stellungnahmen eingereicht, welche von der Projektgruppe einer differenzierten Auswertung unterzogen wurden. Im Grundsatz ist aber die Absicht, das Bildungswesen einer umfassenden Reform zu unterziehen von keiner Seite bestritten worden, im Gegenteil. Auf die 126 Stellungnahmen konnte man selbstverständlich nicht eingehen, aber immerhin sind einige wichtige Punkte berücksichtigt worden. So etwa heissen die Schulkreise neu Schulverbände, die sich ausserdem - ein sehr wichtiges Anliegen vor allem der Klettgaugemeinen - nicht mehr als vorgegebene «Ostereier» und mittels «Zwangsfusionen » bilden. Vielmehr haben die Gemeinden die Möglichkeit, sich selbst zu organisieren, also ihren Schulkreis selbst zu wählen.

Die inhaltlichen Eckpunkte des Reformpaketes

Die aus der Vernehmlassung resultierenden Ergebnisse und Schwerpunkte der Kritik ergaben entsprechende Anpassungen in den Entwürfen des neuen Schul und Bildungsgesetzes, welche nachstehend summarisch aufgeführt sind:
Neue Behördenorganisation auf kantonaler Ebene: Die Exekutivverantwortung im gesamten Bildungswesen wird vom Regierungsrat getragen; für die konkrete Umsetzung ist das Bildungsdepartement (bisher «Erziehungsdepartement» genannt) zuständig. Der Erziehungsrat wird abgeschafft. Ein auf Antrag des Regierungsrates vom Kantonsrat zu wählender achtköpfiger Bildungsrat wird als unabhängiges, strategisches Beratungsorgan des Regierungsrates und des Bildungsdepartements mit Antragsrecht installiert. Sämtliche Geschäfte mit erheblicher bildungspolitischer Relevanz sind mit diesem zu besprechen.
Schulische Angebote: Träger der öffentlichen Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I bleiben die Gemeinden. Der Kanton behält ebenso die Trägerschaft der öffentlichen Schulen der Sekundarstufe II, der Tertiärstufe und der Schaffhauser Sonderschulen. Im Hinblick auf die Verabschiedung des HarmoS-Konkordats soll die Primarstufe die Vorschule (2 Jahre obligatorischer Kindergarten) bzw. die schulische Eingangsstufe (Grundlage für eine spätere Basis- oder Grundstufe) und die Primarschule (6 Jahre) umfassen, somit also insgesamt 8 Jahre dauern. Zusammen mit der nach wie vor dreijährigen Sekundarstufe I (Real- und Sekundarschule) wird die Schulpflicht damit formal auf 11 Jahre verlängert und gleichzeitig das Schuleintrittsalter auf das vollendete 4. Lebensjahr vorverlegt. Im Übrigen wird, basierend auf dem Grundsatz «Integration statt Separation », ein adäquates sonderpädagogisches Angebot während der gesamten obligatorischen Schulzeit gewährleistet. Oder anders formuliert: Sowohl weniger wie auch hochbegabte Jugendliche können gleichermassen gefördert werden. Neu gegenüber der Vernehmlassungsvorlage ist eine Bestimmung zur Schaffung von Angeboten bedarfsgerechter Tagesstrukturen aufgenommen worden. Ein gesellschaftspolitisches Anliegen, welches immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und dem in geeigneter Form Rechnung getragen werden soll.
Mitwirkung der Erziehungsberechtigten: Den Elternorganisationen soll in Zukunft ein angemessenes Mitspracherecht in schulischen Sach- und Organisationsfragen zugestanden werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Beteiligung der Erziehungsberechtigten an der Gestaltung der Schule von Bedeutung und auch gewünscht ist. Gleichzeitig werden die Pflichten der Eltern ausdrücklich festgehalten und Sanktionsmöglichkeiten für den Fall einer Pflichtverletzung geschaffen. Mitwirkung der Lehrenden( Lehrer): Die Mitwirkungsrechte der Lehrenden sind gegenüber der Vernehmlassungsvorlage verbessert und präzisiert worden. Die Lehrpersonen haben sich in geeigneten Gremien zu organisieren, können dann aber zu bildungspolitischen Themen, wie auch zu konkreten Schul- und Erziehungsfragen Stellung nehmen. Zudem soll ihnen ein Antragsrecht gegenüber den Schulverbänden bzw. Gemeinden und dem Bildungsdepartement eingeräumt werden.

Die Schulverbände und ihre Organisation:

In der Vernehmlassung war von Schulkreisen die Rede, welche gerade für den Klettgau und das Randental ein unmögliches Gebilde ergeben hätte. Dagegen sind gleich mehrere Einsprachen eingereicht worden, wobei Rosmarie Widmer Gysel am Mittwoch betonte, dass der Regierungsrat immer eine Mitsprache der Gemeinden in dieser Frage vorgesehen habe. Grundsätzlich wird aber an der Absicht festgehalten, die gemeinsame Führung der Primarstufe und der Sekundarstufe I durch jeweils mehrere Gemeinden zusammen zu organisieren. Dadurch soll langfristig unter Berücksichtigung der sinkenden Zahl der Lernenden ein optimales schulisches Angebot in den Gemeinden sichergestellt werden können. Basierend auf dem Ergebnis der Vernehmlassung sind indessen wesentliche Änderungen im Hinblick auf die Umsetzung vorgenommen worden: Die Gemeinden sollen sich zwar als Schulverbände in der Rechtsform eines Zweckverbandes konstituieren, indessen müssen sie dies nur dann tun, wenn sie über weniger als 600 Lernende verfügen. Innert einer vorgegebenen Frist haben sie jedoch die freie Wahl für den Entscheid, mit welchen Partnergemeinden sie zusammen arbeiten wollen. Der Kanton greift nur dort ein, wo keine Einigung zustande kommt. Für die beiden Gemeinden Buchberg und Rüdlingen wird aufgrund ihrer besonderen geografischen Lage eine Sonderlösung angestrebt, indem sie einen eigenen Schulverband führen können. Innerhalb des jeweiligen Schulverbandes sind selbstverständlich verschiedene Schulstandorte möglich. Im Übrigen ist gewährleistet, dass den Gemeinden für die Ausgestaltung ihrer Verbandsordnungen ein erheblicher Handlungsspielraum zur individuellen Regelung ihrer Bedürfnisse verbleibt.

Geleitete Schulen: Alle neu zu bildenden Schulverbände - und nicht zuletzt deshalb die Minimalzahl von 600 Schülern - sollen tragfähige Fundamente für eine fachkompetente und effiziente Führung bilden. Eine aus mindestens drei Schulleiterinnen bzw. Schulleitern bestehende Schulverbandsleitung unter Führung einer Rektorin oder eines Rektors (alle mit pädagogischer Ausbildung), ist in jedem Schulverband für die operativen Führungsgeschäfte zuständig. Die strategische Führung obliegt dem Schulrat als eigentliches politisches Exekutivorgan, in welchem die Schulreferentinnen bzw. -Referenten der Verbandsgemeinden von Amtes wegen Einsitz nehmen. Die Schulleitungen vor Ort sind wiederum für die Personalführung, das Qualitätsmanagement und die Fragen der Schulentwicklung zuständig.

Die Finanzierung des Ganzen

Die Schaffung einer Schülerpauschale, bestehend aus einer stufenspezifischen Unterrichtspauschale und einer stufenunabhängigen Infrastrukturpauschale, stellt zusammen mit der Aufhebung der Bildungskostenbalance eine vollständige Neuordnung der Finanzierung der Bildungsangebote im Kanton Schaffhausen dar. Der Kanton wird in Zukunft allein und ohne indirekte Mitbeteiligung der Gemeinden für die Bildungskosten ausserhalb der obligatorischen Schulzeit aufkommen, währenddem er sich mit der Auszahlung von Unterrichtspauschalen im bisherigen Umfang an den Kosten der Primarstufe und der Sekundarstufe beteiligen wird. Neu gegenüber der Vernehmlassungsvorlage ist vorgesehen, die Subventionierung der Schulbauten in den Gemeinden durch eine Infrastrukturpauschale zu ersetzen. Mit der jetzt vorgelegten, angestrebten Reformierung und Modernisierung des Schaffhauser Schulrechts soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Regierungsrat und Erziehungsdepartement bereit und auch willens sind, die für eine zukunftsgerichtete und qualitativ hochstehende Bildung notwendigen Weichenstellungen vorzunehmen, ganz im Interesse des Bildungsstandortes Schaffhausen und seiner Bevölkerung. Die Vorlage, die jetzt an den Kantonsrat zur Beratung geht, macht einen vernünftigen Eindruck und sollte eigentlich ohne allzu gravierende Korrekturen die Beratungen im Kantonsparlament überstehen. Mit dem neuen Bildungs- und Schulgesetz können bisherige Baustellen im Bildungsbereich weitgehend zugeschüttet werden, wobei der Regierungsrat selbst gespannt ist, wo allfällige Knackpunkte zu erwarten sind. Wohl am ehesten in der Zusammensetzung der Schulverbände, in der Anrechnung oder Entschädigung von nicht mehr benötigten Infrastrukturanlagen, dem Ansatz der Pauschalen, die sich ja von Gemeinde zu Gemeinde, von Schulkreis zu Schulkreis unterscheiden können, usw., usw. Anlässlich der am 23. Oktober 2006 durchgeführten Orientierung der Gemeindebehörden wurde die Vorlage jedenfalls schon mal positiv aufgenommen, was immer das heissen mag.