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Schweizer Premiere in Schaffhausen: erfolgreiche Grossgruppenkonferenz bringt Bewegung in die Reform des Schulrechts

26.10.2009 von Rosmarie Widmer Gysel

Am Freitag, 23. Oktober 2009, haben über hundert bildungsinteressierte Personen auf Einladung des kantonalen Erziehungsdepartements im Schaffhauser Hofackerzentrum an der Zukunft der Schaffhauser Schule gearbeitet. Unter Leitung eines professionellen und unabhängigen Grossgruppenmediators wurden dabei die zentralen Aktionsfelder des Schaffhauser Schulrechts behandelt.

Es ist wohl das erste Mal in der Schweiz, dass zum Vorantreiben eines bildungspolitischen Entscheidungsfindungsprozesses in der Form einer Grossgruppenkonferenz gearbeitet wurde. Das Erziehungsdepartement entschloss sich zu diesem ungewöhnlichen Schritt, um die vielfältigen Bedürfnisse und Erwartungen an die kantonale Bildungspolitik - die zudem nicht alle in Form organisierter Interessengruppen (Parteien, Verbände...) vertreten sind - besser aufnehmen zu können.

So wurde von Anfang an transparent kommuniziert, dass die organisierten politischen Gruppierungen wie üblich im normalen politischen Prozess der Gesetzgebung (Vernehmlassung einer konkreten Vorlage, Parlament etc.) einbezogen werden.

In einem mehrstufigen Prozess in wechselnden Achtergruppen erarbeiteten die sehr motivierten Eltern, Lehrpersonen, Schulbehörden und -leitungen sowie weiteren Bildungsinteressierten zentrale Grundfragen und Handlungsfelder für ein neues Schaffhauser Schulrecht. Äusserst dynamisch aber dennoch straff geführt durch den unabhängigen Grossgruppenmediator Hannes Hinnen (Büro "frischer wind", Regensberg) arbeiteten alle Anwesenden den ganzen Tag mit grossem Engagement und offensichtlicher Begeisterung.

Der Vormittag: vom "Heute" über die Zukunft zum Advokaten des Teufels

Zuerst wurde sichtbar gemacht, wie die Schule heute erlebt wird und welche Erwartungen an die Schulentwicklung gestellt werden: Mittels von der"Spurgruppe" definierten Symbolbildern ("Baustelle", "Blumengarten", "Papierberg" etc.) und Kernsätzen ("Alle ziehen am gleichen Strick in die gleiche Richtung", "Keine Verzettelung", "Genügend Zeit für Veränderungen", "Ziele, auf die man hinarbeitet" etc.) galt es, sich persönlich zu positionieren. Danach wurden in Gruppen Sonnen- und Schattenseiten der heutigen Schaffhauser Schulrealität herausgearbeitet.

Die Aussensicht, bewusst anhand globaler Zusammenhänge fokussiert, brachte anschliessend der Bildungsforscher Prof. Dr. Walo Hutmacher (Universitäten Bern und Genf) ein. Er machte auf die teilweise weltweiten, bildungsrelevanten Veränderungsprozesse der letzten Jahrzehnte aufmerksam und wies auf häufig vergessene Zusammenhänge hin: "Die ewige Baustelle als Bild für das Bildungswesen stimmt: Der Wandel hört nie auf. Schulen sind Menschen in Bewegung." Professor Hutmacher machte jedoch auch deutlich, dass man gerade im Bildungswesen den Gesetzgebungsprozess neu denken müsse: "Wir haben eine Tradition, Gesetze so zu verstehen, dass sie Dinge eben "setzen" und in "Stein meisseln" sollen. Gerade im Bildungswesen brauchen wir jedoch Gesetze, die den Wandel und unsere Veränderung erlauben sowie Innovationen fördern."

Der nächste Schritt galt der Zukunft: Die Gruppen skizzierten fantasievoll aber mit unterschiedlichsten Vorstellungen Idealbilder der Schaffhauser Schule im Jahr 2015.

Abgeschlossen wurde der Vormittag vom Soziologen und Bildungsprofi Prof. Walo Hutmacher in der Rolle eines "advocatus diaboli": Er hielt den Teilnehmenden provokativ den Spiegel vor und machte auf Widersprüche und versteckte Fragen aufmerksam. Pointiert zeigte er allen Anwesenden auf, dass sowohl die positiven als auch die negativen genannten Punkte vor allem den persönlichen oder lokalen Lebensraum betreffen und keine Visionen für die grossen Zusammenhänge genannt wurden.

Der Nachmittag: die zentralen Aktionsfelder und Lösungsansätze

Am Nachmittag galt es, die grosse "Auslegeordnung" zu ordnen und zentrale Aktionsfelder zu definieren. Wiederum in einem mehrstufigen Prozess wechselnder Gruppen wurden diese Punkte erarbeitet und priorisiert. Dabei wurde deutlich, dass es vor allem folgende Bereiche sind, welche die anwesenden Bildungspraktiker bewegen: "Geleitete Schulen", "Rolle der Eltern", "Integrative Schulformen", "Tagesstrukturen", "Output-Messung" und diverse organisatorische und finanzielle Fragen.

Zu guter Letzt wurden in einer Schlussrunde erste Lösungsansätze erarbeitet, welche die Basis für die weitere Arbeit hin zu einer neuen Vorlage an den Kantonsrat bilden sollen.

Der konkrete Ablauf dieser Grossgruppenkonferenz ist aus dem beiliegenden Programmdokument ersichtlich.

Und nun? Der Weg zu einem neuen Schulgesetz

Der unabhängige Spezialist Hannes Hinnen wird bis Ende November einen Bericht zu den Ergebnissen der Grossgruppenkonferenz verfassen. Nach Auswertung der Ergebnisse werden die definierten Themen in verschiedenen Arbeitsgruppen unter jeweiliger Leitung von Fachpersonen des Erziehungsdepartements vertieft weiter ausgearbeitet.