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Nein zur überrissenen Steuersenkung
02.12.2013 von Rosmarie Widmer Gysel
Im Rückblick waren 2001 bis 2010 für den Kanton Schaffhausen goldene Jahre. Die Staatsrechnung schloss mit Überschüssen ab. Die Steuern konnten jedes Jahr gesenkt beziehungsweise die kalte Progression ausgeglichen werden. Der Kanton Schaffhausen profitierte von einer insgesamt guten Wirtschaftslage. Die Anstrengungen zur Stärkung des Wohn- und Wirtschaftsstandortes trugen Früchte. Vor allem neuangesiedelte Unternehmen schufen rund zusätzliche 3'000 Arbeitsplätze und investierten im Kanton. Dazu kamen einmalige Sonderfaktoren wie zum Beispiel die Ausschüttung der Goldmillionen der Schweizer Nationalbank. Sie erlaubten zusammen mit den guten Rechnungsabschlüssen, dass der Kanton ein Eigenkapitalpolster schaffen und Fremdkapital zurückzahlen konnte. Die Baukräne da und dort zeigen nicht nur, dass wir selber immer mehr Wohnraum beanspruchen, sondern auch, dass die Kantonsbevölkerung nach Jahren der Stagnation wieder wächst. Wahrscheinlich hat es bisher in der Geschichte unseres Kantons selten eine Phase mit vergleichbarer Prosperität gegeben.
Doch dann haben sich die Vorzeichen erheblich geändert. Die Finanzkrise 2008/2009 hat den Kanton Schaffhausen stärker getroffen, als es zu erwarten war. Bei den Staatseinnahmen, vor allem bei den Beteiligungserträgen und den Anteilen an Bundeseinnahmen, galt es, einen Ausfall von rund 30 Mio. Franken zu verkraften. Nochmals rund 10 Mio. Franken fehlen, weil der Kanton Schaffhausen auf Grund der guten Vorjahre finanzstark geworden ist und nicht nur keine Beiträge aus dem Finanzausgleich mehr erhält, sondern zum Zahler geworden ist. 40 Mio. Franken pro Jahr weniger in der Kasse verändern die Ausgangslage endgültig. Rigide Budgetvorgaben, der Stopp von verschiedenen Projekten und ein Entlastungsprogramm im Umfang von 25 Mio. Franken, das einige Opfer abverlangt, waren die notwendige Folge. Ziel ist es, bis 2016 wieder eine ausgeglichene Staatsrechnung zu haben.
Und nun steht eine Volksinitiative zur Abstimmung an, die von 2013 bis 2017 jedes Jahr die Steuern um 2 Prozent senken will. Das summiert sich bis 2017 zu Mindereinnahmen von rund 27 Mio. Franken pro Jahr, die zu den bereits eingetretenen Ausfällen dazu kommen würden. Das kann der Kantonshaushalt nicht verkraften. Die Herausforderung ist ohnehin schon sehr gross, den Staatshaushalt wieder ins Lot zu bringen, wie es die Verfassung verlangt. Die oben erwähnten goldenen Jahre sind vorbei. Deshalb verlangt die Initiative Unmögliches und das zu einem falschen Zeitpunkt. Bei Annahme der Initiative kann der Staatshaushalt nicht saniert werden. Das Geld für diese Steuersenkungen ist schlicht nicht vorhanden. Die Annahme der Steuersenkungsinitiative würde eine erhebliche Zunahme der Verschuldung und einen einschneidenden Leistungsabbau zur Folge haben. Es kommt hinzu, dass mit der linearen Steuersenkung nach der Rasenmäher-Methode nicht einmal die steuerliche Konkurrenzfähigkeit unseres Kantons verbessert würde. Die Rechnung "tiefere Steuern gleich mehr Steuerzahler" wird deshalb nicht aufgehen. Die Initiative hilft auch nicht weiter, wenn aufgrund des internationalen Druckes und des Steuerdialoges, den die Schweiz mit der EU führen muss, die günstigen Steuerregimes für Unternehmen in der Schweiz im Allgemeinen und im Kanton Schaffhausen im Besonderen angepasst werden müssten. Im Gegenteil: Sollte dieser Fall eintreten, wäre bei Annahme der Initiative jeder Handlungsspielraum weg, um das Steuersubstrat im Kanton Schaffhausen zu erhalten. Damit wird unser Wohn- und Wirtschaftsstandort zusätzlich geschwächt.
Der Kanton Schaffhausen ist in den letzten Jahren mit einer massvollen Steuerpolitik, die auf die Möglichkeiten des Staatshaushaltes abgestimmt war, gut gefahren. Mit der radikalen Initiative, welche ungeachtet der Haushaltsituation zu nicht verkraftbaren Einnahmenausfällen, zu erheblichem Leistungsabbau und zur Schuldenmacherei führt, bringen wir unseren Kanton nicht weiter. Ich empfehle Ihnen deshalb im Namen des Regierungsrates ein Nein zur Initiative «Steuern runter».
Rosmarie Widmer Gysel, Regierungspräsidentin, Vorsteherin Finanzdepartement