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Der kantonale Berufsbildungsfonds - sinnvoll und praxistauglich?

02.11.2008 von Rosmarie Widmer Gysel

Neuerungen haben es an sich, dass sie oftmals a priori und unbesehen ihrer Anwendbarkeit für gut befunden werden. Diese Annahme ist nicht in jedem Fall richtig. Eine kritische Überprü-fung der Praxistauglichkeit eines Modells erweist sich oft als angezeigt, so auch bei der Frage, ob ein Berufsbildungsfonds im Kanton Schaffhausen effektiv etwas für die Lernenden und Ausbildungsbetriebe bringt. Machen wir denn die Probe aufs Exempel:

Fallbeispiel 1: Seit dem Julia im Schultheater mit Begeisterung die Bühnendekoration mitgestalten durfte, reifte der grosse Berufswunsch: Sie will Theatermalerin werden. - Fallbeispiel 2: Ein Kleinunternehmen in Schaffhausen möchte eigentlich gerne Lernende ausbilden. Aufgrund seiner beschränkten betrieblichen Möglichkeiten aber erfüllt es die Ausbildungsvoraussetzungen nicht.

Was nun würde ein kantonaler Berufsbildungsfonds in diesen beiden Beispielen effektiv bringen? Könnte die Schülerin ihren Traumberuf Theatermalerin im Kanton Schaffhausen verwirklichen? Könnte das Kleinunternehmen dank dem Berufsbildungsfonds Lernende ausbilden? - Beide Fragen sind mit Nein zu beantworten! Schon diese beiden Beispiele zeigen also, dass die mit der Lehrstelleninitiative geforderte Schaffung eines kantonalen Berufsbildungsfonds nicht zweckmässig ist. Wenn die Initiantinnen und Initianten geltend machen, dass dank einem kantonalen Berufsbildungsfonds mehr Lehrstellen entstehen, verkennen sie im Übrigen folgende Tatsachen:

In Schaffhausen besteht kein Lehrstellenmangel: Dank der bestens funktionierenden Zusammenarbeit von Wirtschaft, Berufsberatung und Abteilung Berufsbildung fanden bis im September 2007 von 870 Schulaustretenden nur 10 Jugendliche keine Lehrstelle. Dies aber nicht etwa wegen eines generellen Mangels an Lehrstellen: Gleichzeitig blieben nämlich 60 Lehrstellen offen. Ein ähnliches Bild bot sich auch in den vergangenen Jahren. Seit 2006 geht die Zahl der Schulaustretenden zurück und wird über Jahre hinweg weiter sinken. Im Kanton Schaffhausen werden bereits in vier Jahren etwa 20% weniger Jugendliche eine Lehrstelle benötigen. Das Modell des Fonds beruht auf dem Prinzip der Strafe, und das ist selten ein schlauer Grundsatz. Bestraft werden sollen jene Betriebe, die keine Lernenden haben, egal, ob sie nicht ausbilden wollen oder aufgrund ihrer Grösse oder Spezialisierung nicht ausbilden können. Die drohende Straf-Abgabe wird zudem sicher kein ausschlaggebender Grund für Betriebe sein, um Lehrstellen anzubieten. Im Gegenteil: Die Firmen erhalten damit Gelegenheit, sich vom moralischen Druck der Lehrlingsausbildung freizukaufen. Damit wird gleichzeitig unsere sehr erfolgreiche Motivationsarbeit, Nichtlehrbetriebe für die Ausbildung zu gewinnen, untergraben. Und weshalb übrigens gerade die Arbeitgeber, die ja auch Arbeitsplätze schaffen, eine Abgabe entrichten sollen, ist schon schleierhaft. Hinzuweisen ist schliesslich noch, dass der Kanton für die Verwaltung dieses Fonds einen kostspieligen Apparat in Gang setzen müsste - und dies in Zeiten, wo sich von links bis rechts alles gegen den Ausbau der Verwaltung sträubt.

Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, wenn Sie auch dagegen sind, dass mit einem kantonalen Berufsbildungsfonds eine weitere Abgabe für die Unternehmen in unserem Kanton eingeführt wird, die:
- nicht mehr Lehrstellen schafft
- das von Wirtschaft und Verwaltung erfolgreich betriebene Lehrstellenmarketing untergräbt
- zum Aufbau einer aufwändigen und kostspieligen Fondsverwaltung führt
dann legen Sie am 24. Februar 2008 mit mir ein überzeugtes Nein zur Lehrstelleninitiative in die Urne!