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Bulletin Nr 24 Kantonsschule_SH

Interview: Christine Schnyder, Suzanne Koradi

26.02.2006 von Rosmarie Widmer Gysel

• Sie sind nun fast ein Jahr im Amt als Regierungsrätin. Wie sehen Sie Ihre Rolle als Vorsteherin des Erziehungsdepartementes?

Einerseits bin ich Vorsteherin - und damit vor allem auch die Vorgesetzte und politisch Verantwortliche im Erziehungsdepartement. Andererseits bin ich Mitglied einer Kollegialbehörde, dem Regierungsrat, der eine Gesamtverantwortung in unserem Kanton wahrnimmt, in welcher also Entscheide nicht nur aus der Optik des einzelnen Zuständigkeitsbereiches sondern auch in Wahrung des Gesamtinteresses gefällt werden müssen. Beide Aufgaben nehmen eigentlich gleich viel Zeit in Anspruch.

• Auf welche Ereignisse schauen Sie besonders gerne zurück?

Die vergangenen 11 Monate waren sehr interessant, spannend und auch lehrreich. Ich lernte sehr viele Menschen in vielen verschiedenen Funktionen kennen und bekam Einblick in Gebiete, die ich bisher nur von aussen kannte. Ich schaue gerne auf diese Zeit zurück - ohne ein Ereignis besonders hervorheben zu können - denn eigentlich bin ich eher zukunfts- als vergangenheitsorientiert.

• Welches war Ihre bisher grösste Herausforderung als Departementsvorsteherin?

Die grösste Herausforderung war sicher die Debatte zu der Motion "nur eine Fremdsprache an der Primarschule" im Kantonsrat, die ich bereits am 24. Januar 2005 zu beantworten hatte und der dann gleich einige Podiumsveranstaltungen folgten. Mit der nun damit verbundenen, gleichlautenden Volksinitiative, die im kommenden Februar zur Abstimmung kommt, bin ich zusammen mit vielen anderen Bildungsinteressierten und -verantwortlichen im Kanton und in den Gemeinden weiterhin gefordert, dieses wichtige Thema politisch möglichst gut zu vertreten und zu einem positiven Abstimmungsergebnis beizutragen.

• In der letzten Ausgabe der kantonalen Personalzeitung 2/2005 sprechen Sie von "mit Sicherheit teilweise hochgesteckten Zielen im Departement". Können Sie uns diese nennen?

In erster Linie ist da sicher die Revision des Schulrechtes gemeint, das jetzt als Vernehmlassungsentwurf bereits vorliegt. Hinter dieser Erarbeitung steckt viel Knochenarbeit und wenn unser Zeitplan eingehalten werden soll, werden wir bei der Ausarbeitung und Umsetzung weiter sehr gefordert sein. Parallel dazu haben wir in unserem Departement ein Reorganisationsprojekt gestartet, um organisations- und führungsmässig für die Zukunft gerüstet zu sein. Auch diese Umsetzung wird uns alle fordern. Sofern die Stimmbevölkerung dem WoV-Gesetz am 27. November 2005 zustimmt, wird als eine der ersten Dienststellen die Kantonsschule zu einer WoV-Dienststelle - und auch dies lässt sich nicht von selbst realisieren.

• In welchem bildungspolitischen Bereich möchten Sie während Ihrer Legislaturperiode Schwerpunkte setzen?

Schwerpunkte in dieser Legislatur sind:
- die Berufsbildung mit dem neuen EG zum BBG (Einführungsgesetz zum Berufsbildungsgesetz)
- - inklusive der Gesundheitsberufe - neu zu positionieren
- die Totalrevision des Schulrechtes
- der Gesundheitsförderung an unseren Schulen soll ein besonderes Augenmerk geschenkt werden, inkl. Sport, Bewegung, Ernährung, Suchtprophylaxe
- die Förderung und die Vermittlung der Kultur werden einen weiteren Schwerpunkt bilden.

• Was verstehen Sie unter Bildung auf der gymnasialen Stufe?

Die gymnasiale Stufe bereitet die Schülerinnen und Schüler auf ein Universitätsstudium vor. Demzufolge muss auf dieser Stufe den jungen Menschen ein breites Grundwissen und Instrumentarium vermittelt werden, das sie befähigt, erfolgreich ein Studium zu absolvieren (dazu gehört auch das Wissen, wie man am besten selbständig lernt). Alle müssen die Grundlagen vermittelt erhalten, um im späteren Leben vernetzt Denken und Handeln zu können. Eine zu einseitige Ausrichtung auf eine Fachrichtung bereits an der Kantonsschule wäre daher nicht richtig.

• Welche Bedeutung haben Ihrer Meinung nach die geisteswissenschaftlichen Fächer in der gymnasialen Ausbildung?

Diese Fächer haben genau die gleiche Bedeutung wie die naturwissenschaftlichen Fächer. Denn es ist in meinen Augen sehr wichtig, dass alle Maturandinnen und Maturanden - ungeachtet der gewählten Profile und der zukünftigen Studienrichtungen - die Grundlagenkenntnisse in den Geisteswissenschaften und den Naturwissenschaften besitzen. Ein gutes Beispiel für mich ist Carl Friederich von Weizsäcker, ein bedeutender Physiker, gleichzeitig aber auch ein profunder Kenner der Philosophie.

• Gegenwärtig wird die Einführung von E-Learning an der Kantonsschule aufgegleist. Wie wichtig erachten Sie den Einsatz neuer Lehr- und Lernformen für die Qualitätssicherung des Bildungsniveaus an unserer Kantonsschule?

Sie sprechen hier zwei Dinge an - einerseits das E-Learing und andererseits die Qualitätssicherung. Aber selbstverständlich stehe ich hinter beiden ganz wichtigen Punkten. Die Qualitätssicherung oder das Qualitätsmanagement wird eine immer wichtigere Rolle spielen, nicht nur in Schulen der Sekundarstufe II, sondern auch in den Volksschulen.
E-Learning ist ein Instrumentarium, mit dem wir umzugehen und das wir anzuwenden lernen müssen. Das Kennen und Anwenden dieses Instrumentariums ist heute eine Anforderung, die an Lehrpersonen wie auch an Lernende, sei es an Gymnasien, Berufsschulen, Fachhochschulen oder Universitäten gestellt werden darf.

• Wie der Ausgabe Nr.6/05 von Gymnasium Helveticum zu entnehmen ist, beschlossen EDK und Bund im Sommer 2005 den Beginn einer zweiten Evaluationsphase EVAMAR II (Evaluation des neuen Maturitätsanerkennungsreglementes). In ihr soll das Schwergewicht der Evaluation auf die Erfassung des Ausbildungsstandes der Schülerinnen und Schüler am Ende des Gymnasiums gelegt werden. Dabei wird über die Festlegung von Bildungsstandards am Gymnasium diskutiert. Wie schätzen Sie den Einfluss der Bildungsstandards auf die inhaltliche (Rahmenlehrpläne) und die methodische Lehrfreiheit auf der Sekundarstufe II ein?

Wie schon gesagt, muss die gymnasiale Ausbildung die Grundlagen und Voraussetzungen für die spätere Ausbildung an den Universitäten beinhalten. Und dank klar definierten Bildungsstandards soll (wie übrigens auch an der Volksschule) sichergestellt werden, dass die Schnittstelle zur nachfolgenden Bildungsstufe - hier die universitäre Hochschule - stimmt. Nun muss vorgängig aber geprüft werden, ob dem tatsächlich schon so ist oder nicht.
Die methodische Lehrfreiheit wird dadurch mit Sicherheit nicht beeinflusst. Eine inhaltlichte Lehrfreiheit besteht nicht, es kann nicht jede Lehrperson machen, was sie will. Massgebend sind die Lehrpläne. Bei den Bildungsstandards geht es darum, welche Lerninhalte bei den Schülern nach Abschluss des Gymnasiums "sitzen" müssen. Wie diese Lerninhalte vermittelt werden, ist Bestandteil der Lehrfreiheit.

• Welche weiteren Themen stehen für die Sekundarstufe II in den nächsten Jahren an?

Besondere neue Themen kann ich Ihnen keine nennen, aber mit Sicherheit muss sich auch die Sekundarstufe II laufend weiterentwickeln, insbesondere, was eben die Ergebnisse aus EVAMAR I und II betrifft. Diese gilt es umzusetzen. Auf jeden Fall wird aber in den nächsten Jahren dem Aspekt der Qualitätssicherung und -verbesserung wie auf allen anderen Schulstufen besondere Beachtung geschenkt werden. (anm. der Red.: Informationen zu EVAMAR können unter www.evamar.ch erhalten werden)

• Welche Weiterentwicklung wünschen Sie sich für den Bildungsplatz SH?

Aufgrund meiner Schwerpunkte, die ich eingangs genannt habe, stehen verschiedene Meilensteine an. Wenn wir diese wie geplant umsetzen können, werden diese erheblich zur Stärkung des Bildungsstandortes Schaffhausen beitragen und nachhaltig wirken.

• Wie sieht die Umsetzung aus und welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung, angesichts nachhaltiger Sparvorgaben auch im Bildungswesen?

Unseren verschiedenen Projekten liegt eine klare Projekt- und Finanzplanung zugrunde. Es sind vor allem Mitarbeiter des Erziehungsdepartementes involviert und es werden auch keine zusätzlichen Mittel aufgewendet. Der Finanzplan 2007 bis 2009 sieht ein sehr moderates Wachstum im Rahmen der Teuerung vor. Es ist auch kein weiteres Sparprogramm vorgesehen oder in Planung.

• Sie kommen aus der Privatwirtschaft. Verlangt das Bildungswesen da nicht ein Umdenken?

Sowohl in meinen ehemaligen Aufgaben in der Privatwirtschaft als auch in meiner neuen Aufgabe als Erziehungsdirektorin stehen die Menschen im Vordergrund. Und jede Seite kann von der anderen lernen - ich von meinen Mitarbeitern, die schon lange im Bildungswesen tätig sind, und meine Mitarbeiter von meinen Erfahrungen aus der Privatwirtschaft. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn jede Seite mal einen Einblick in den anderen Bereich nehmen könnte. Davon werden mit Sicherheit alle profitieren.

Wir danken Ihnen für dieses Interview.