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Tiefrote Zahlen

Leitartikel

Schaffhauser Nachrichten, 17.09.2011 von Zeno Geisseler

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Dem Kanton geht es finanziell schlecht. Von 2012 bis 2015 wird sich in der laufenden Rechnung ein Loch von fast 130 Millionen Franken auftun. Das sind rund 7000 Franken pro vierköpfige Familie. Der Hauptgrund für die tiefroten Zahlen ist ein massiver Ausfall von Geldern auf der Einnahmenseite: Die Schweizerische Nationalbank wird über Jahre hinaus keine Zahlungen mehr an die Kantone leisten. Ausfall: 16,5 Millionen Franken im Jahr. Dem Stromkonzern Axpo, der zu einem Teil dem Kanton gehört, geht es schlecht, was sich auf die Dividendenzahlungen auswirkt. Ausfall pro Jahr: 6,5 Millionen Franken. Der Anteil des Kantons an den direkten Bundessteuern fällt deutlich tiefer aus - 10 Millionen Franken Verlust.

Finanzausgleich: Schaffhausen wird trotz Krise zum Zahler

Am perfidesten aber ist die Situation beim Neuen Finanzausgleich. Eigentlich ist er ja ein Instrument der Solidarität: Schwache Kantone werden von starken Kantonen unterstützt. Das stimmt im Prinzip, aber nicht unbedingt in der Praxis, wie Schaffhausen jetzt schmerzlich erfahren muss. Denn der Finanzausgleich berücksichtigt nicht die aktuelle Situation, sondern die früheren Jahre - und diese waren für Schaffhausen ausgesprochen erfreulich. So erfreulich, dass Schaff- hausen bald zu den finanzstarken Kantonen zählen dürfte und trotz seiner miserablen Finanzlage sogar Geld in den Ausgleichstopf einschiessen muss. 2010 erhielt Schaffhausen netto noch 11,7 Franken aus dem Finanzausgleich, ab 2013 dürfte er netto rund 1,6 Mil- lionen Franken zu zahlen haben. Der Kanton ist also ein Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Was bei der Sozialhilfe unvorstellbar ist - jemandem werden die Zahlungen gekürzt, weil er vor vielen Jahren einmal gut verdiente -, ist beim Finanzausgleich harte Realität.

Parlament zeigte Weitsicht, aber handelte die Regierung richtig?

Teile des Parlaments haben das Ausmass der Krise schon früh erkannt. Rückblickend bemerkenswert sind insbesondere die beiden Vorstösse der SP-Kantonsrätinnen Sabine Spross und Martina Munz vom 21. März, in denen sie vor den Folgen der Ausfälle bei der SNB, der Axpo und den Steuern warnten. Dies zu einem Zeitpunkt, als die Regierung offiziell immer noch an den wenige Wochen zuvor präsentierten Steuersenkungsplänen festhielt. Die Regierung stellte dann einen Monat später, am 19. April, selbst den Antrag, die Steuersenkungen auf Eis zu legen, nachdem sich die Situation nochmals verschlechtert hatte. Gleichzeitig begann sie, umfassend Gegensteuer zu geben: Sie machte den Departementen Sparvorgaben und leitete ein Sparprogramm ein, das Entlastungen in Höhe von rund 22,5 Millionen Franken bringen soll. Ob diese Massnahmen rechtzeitig, ausreichend und zielgerichtet genug waren, kann man jetzt noch nicht abschätzen. Lobenswert ist aber der Entscheid, die Steuern nicht zu erhöhen. Das würde zwar kurzfristig eine Entlastung bringen, aber langfristig wäre das Gift für die Standortstrategie des Kantons. Da war der Kanton Zürich weniger mutig: Obwohl sein Defizit nur gerade 0,7 Prozent der Einnahmen beträgt (Schaffhausen: über sechs Prozent), erhöht er den Steuerfuss um sieben Punkte. Dem Kanton Schaffhausen kann die Zürcher Steuererhöhung natürlich nur dienen, werden wir doch so im Steuerwettbewerb konkurrenzfähiger. Das heisst nicht, dass bei den Schaffhauser Steuersenkungsplänen das letzte Wort gesprochen ist. Gerade bei der Vermögenssteuer wird der Kanton mittelfristig um eine Senkung nicht herumkommen.

Trotz roter Zahlen muss der Kanton an der S-Bahn festhalten

Letztlich ist die Regierung in keiner einfachen Lage. Ihr Spielraum ist sehr eng. Anders als eine Unternehmensleitung in der Privatwirtschaft kann der Regierungsrat einschneidende Anpassungen nicht einfach so durchsetzen, kann keine Abteilungen ins Ausland verlagern oder schliessen. Die meisten Aufgaben sind gesetzlich vorgegeben. Damit ist auch das Parlament in der Verantwortung und ganz am Schluss das Volk. Wir werden entscheiden, ob wir uns geplante Grossausgaben leisten wollen. Das erste Urteil kann der Bürger schon morgen in einer Woche fällen: Dann stimmt der Kanton über den Bau der S-Bahn ab, was den Kanton rund 46 Millionen Franken kosten wird. Trotz der Krise sollten wir an diesem Projekt festhalten. Denn das Problem sind nicht die Investitionen, sondern die laufenden Ausgaben.

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